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ARD dokumentiert lügende Politiker, unseriöse Wahlversprechen und unfreie Abstimmungen

Allgemein

Die ARD-Doku “Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort – Lüge und Wahrheit in der Politik” kritisiert die Unehrlichkeit und Unseriosität der etablierten Politik anhand bekannter Fälle: Bundeskanzler Kohls Versprechen, die Einheit werde ohne Steuererhöhungen finanziert, die SPD-Ablehnung der von der CDU angekündigten zweiprozentigen Mehrwertsteuererhöhung (nach der Wahl vereinbarten SPD und CDU dann eine dreiprozentige Erhöhung), die FDP-Ankündigung eines “gerechteren und einfacheren Steuersystems” als Vorbedingung einer Koalition mit der Union, der Ausschluss einer Zusammenarbeit mit der Linken durch die hessische SPD-Vorsitzende Ypsilanti. Hätten sie doch einfach geschwiegen.
Das Ergebnis ständiger unseriöser Versprechungen der Politik: 89% der Bürger trauen Versprechen von Politikern im Wahlkampf nicht oder kaum. Als möglichen Ausweg nennt Sarah Wagenknecht (Linke) die Einführung von Volksabstimmungen und eines Abwahlverfahrens – so könnten Politiker zur Einhaltung ihrer Versprechen oder zur Abdankung gezwungen werden. Kein Wunder, dass sich CDU/CSU und FDP standhaft gegen Volksentscheide auf Bundesebene wehren. Der FDP-Politiker Gerhard macht einen anderen Vorschlag: Die Menschen sollten Ehrlichkeit an der Wahlurne honorieren, auch wenn die Wahrheit unangenehm sei, statt unseriöse Versprechen mit ihrer Stimme zu belohnen.
Stephan Lamby kritisiert in seiner Dokumentation auch den Fraktionszwang der etablierten Parteien. Selbst die Entscheidung über einen Kriegseinsatz sei keine Gewissensentscheidung, so Ex-Justizministerin Zypries (SPD). Grüne Abgeordnete, die den Bundeswehreinsatz in Afghanistan ablehnten, seien durch nächtliche Anrufe und Drohungen, sie erhielten zur nächsten Wahl keinen “sicheren Listenplatz” mehr, zur Zustimmung bewegt worden, berichtet Hans-Christian Ströbele (Grüne). Dieser Druck mache Abgeordnete teilweise krank. Immerhin gehe es Berufspolitikern bei der Verteilung von Listenplätzen um ihre Existenz.
Einen Ausweg nennt die Dokumentation nicht. Nicht jeder Abgeordnete kann sich auf ein Direktmandat stützen wie Hans-Christian Ströbele. Wir Piraten steuern gegen, indem wir freie Abstimmungen akzeptieren und praktizieren. Außerdem gibt es bei uns keine Berufspolitiker, deren Existenz an einer Wiederwahl hängt.
In der Dokumentation werden Politiker unterschiedlicher Parteien zu dem Problemkreis interviewt, mit teils interessanten Ergebnissen: Heiner Geissler (CDU) meint, die Öffentlichkeit habe einen Anspruch auf die Wahrheit, nicht aber Journalisten (!). Der luxemburgische Ministerpräsident meint, die drohende negative Reaktion “der Märkte” auf Nachrichten rechtfertige Lügen.  Ströbele (Grüne) ist immerhin so ehrlich, zu sagen, Politiker sollten nur “in wichtigen Fragen” nicht lügen; er könne nicht ausschließen, selbst schon gelogen zu haben.
Die meisten Politiker sehen keinen Anlass zur Selbstkritik. So bleibt Schleswig-Holsteins FDP-Vorsitzender Kubicki dabei, Politiker könnten nicht immer die Wahrheit sagen, weil dies schädliche Folgen hätte. Für ihn zählt nur die “Kompetenz” eines Politikers. Der “kompetente Politiker” weiß in Kubickis Augen offenbar am besten, wann wir die Wahrheit ertragen können und wann nicht. Mit dem mündigen Bürger hat das nichts zu tun, das ist Bevormundung.
Ich empfehle, diese Dokumentation anzusehen – und Konsequenzen daraus zu ziehen.

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