Breyers Netzwelt Tracking in der Einkaufzone – die Verwertung des Kunden

Von Patrick Breyer | 11.11.2017, 10:46 Uhr

Geschäfte wollen einiges über die Bürger wissen. Der Verbraucher wird nicht aufgeklärt, kritisiert unser Kolumnist.

Den Kunden beeinflussen und lenken zu können – das ist der Traum von Unternehmen und Konzernen. Aus den Klicks von Internetnutzern errechnen globale Konzerne und Marktplätze bereits unsere Interessen, Vorlieben und Schwächen. Nun sollen auch Ladengeschäfte nachziehen. Zum „Offline-Tracking“, also zur Kundenverfolgung außerhalb des Internets, werden Überwachungskameras, Infrarot-Wärmebildkameras und Handy-Scanner in Stellung gebracht.

In Eckernförde lässt die städtische Marketinggesellschaft an sechs Standorten alle Smartphones im Umkreis von 500 Meter registrieren und zählen – bisher ohne wirksame Anonymisierung. Der Hersteller wirbt: „Durch WLan-Tracking können Sie wiederkehrende Kunden, Passanten, den Einkaufsverlauf Ihrer Kunden während des gesamten Tages als auch die Aufenthaltsdauer im Geschäft genau bestimmen.“

In der Tat kann anhand seiner weltweit einmaligen Kennung („MAC-Adresse“) jedes Smartphone mit aktiviertem WLan oder Bluetooth wiedererkannt, lokalisiert und verfolgt werden. Bewegungsmuster von Passanten, aber auch von Anwohnern und Mitarbeitern können Rückschlüsse auf Verhalten, Lebensgewohnheiten und Verfehlungen zulassen.

Das „Designer Outlet Center“ in Neumünster nutzt Infrarottechnologie, um Kunden anonymisiert zu zählen. Der Hersteller Infrasys bietet aber auch an, Bewegungen einzelner Personen innerhalb eines Gebäudes verfolgen und auf einer Karte darstellen zu können.

In vielen Geschäften filmen Überwachungskameras die Kunden beim Einkaufen. Die Deutsche Post analysiert in einigen Filialen die Gesichter ihrer Kunden, um Alter und Geschlecht zu bestimmen und zielgerichtet Werbung anzuzeigen. Technisch machbar ist auch eine biometrische Personenidentifizierung und die Erkennung von Gefühlslagen.

In all diesen Fällen kann von Transparenz keine Rede sein: Der Verbraucher wird nicht aufgeklärt, sondern verwertet. Dabei ist das persönliche Vertrauen das Pfund, mit dem der Einzelhandel heute wuchern kann.

Wann erklärt die erste Stadt ihre Geschäfte zur überwachungsfreien Zone? „Wir vertrauen Ihnen“ – das wäre ein Alleinstellungsmerkmal.

> Patrick Breyer ist Sprecher für Datenschutz bei der Piratenpartei.

TEASER-FOTO: Sebastian Gollnow