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WLAN-Gesetzentwurf für Dummies: Wie die Bundesregierung öffentliche WLAN-Hotspots abschaffen will

Freiheit, Demokratie und Transparenz Juristisches

rathaus-wifi-300x300Gestern hat der Bundeswirtschaftsminister einen Gesetzentwurf zu WLAN-Hotspots und Internet-Filehostern vorgestellt. Der Text liest sich kompliziert, seine Auswirkungen sind aber einfach zu erklären:

  1. Anbieter von WLAN-Hotspots sollen künftig “Rechtsverletzungen” der Nutzer “verhindern” (insbesondere Filesharing), um vor Abmahnungen geschützt zu sein. Problem: Obwohl Hotspot-Anbieter bloß Daten durchleiten, die sie nicht zur Kenntnis nehmen dürfen (Fernmeldegeheimnis), sollen sie haftbar gemacht werden für andere Internetnutzer. Begründung: Der freie Informationsaustausch über das Internet wird als “Gefahrenquelle” angesehen. Kritik: Informationsaustausch macht den Menschen aus und ist keine Gefahr. Jeder ist für sich selbst verantwortlich.
  2. Anbieter von WLAN-Hotspots sollen künftig durch Zugangsbeschränkung “den unberechtigten Zugriff auf das drahtlose lokale Funknetz durch außenstehende Dritte” verhindern. Problem: Dadurch werden öffentliche Hotspots in Deutschland wohl unmöglich. Bei offenem WLAN gibt es keine unberechtigten Nutzer und deswegen bisher auch keine Zugangsbeschränkung. Kritik: Die Maßnahme taugt nicht zum Schutz vor Rechtsverletzungen, weil derselbe Zugangscode an alle Nutzer herausgegeben werden darf. Außerdem: Nach dieser Logik müssten auch Telefonzellen verboten werden, weil auch telefonisch Rechtsverletzungen möglich sind (z.B. Beleidigung, Erpressung, Bedrohung).
  3. Anbieter von WLAN-Hotspots sollen sich künftig von Nutzern bestätigen lassen, dass sie keine Rechtsverletzungen begehen. Problem: Nur kommerzielle WLAN-Anbieter werden in der Lage sein, eine solche Abfrage einzurichten. Und: Manche Geräte ohne Browser funktionieren mit “Vorschaltseiten” nicht. Kritik: Die Maßnahme verhindert keine Rechtsverletzungen und ist untauglich.
  4. “Gelegentliche” Anbieter von WLAN-Hotspots (insbesondere Privatpersonen) sollen die Namen der Nutzer kennen müssen. Problem: Diese Identifizierungsobliegenheit macht öffentliche Internetzugänge unmöglich. Kritik: Das Ministerium unterstellt zu Unrecht, privat genutzte Hotspots würden nicht dauerhaft (“geschäftsmäßig”) angeboten. Und warum sollen “gelegentliche” Hotspot-Anbieter ihre Nutzer kennen müssen, dauerhafte Anbieter aber nicht? Das macht keinen Sinn. Dass professionelle Anbieter Rechtsverletzer von der Nutzung eines WLAN-Hotspots ausschließen könnten (so die Ministerialbeamte), ist realitätsfremd, weil sie nicht wissen (und nicht wissen dürfen), wer was im Internet macht. Außerdem schützt es nicht vor Rechtsverletzungen, diverse Nutzer zu kennen, die gleichermaßen als Verursacher in Frage kommen.
  5. Anbieter von Speicherplatz im Netz (Hoster) sollen künftig haften, wenn ihr Angebot “weit überwiegend” rechtswidrig genutzt wird (insbesondere zum Filesharing). Begründung: Das Geschäftsmodell solcher Anbieter beruhe im Wesentlichen auf Rechtsverletzungen. Problem: Anbieter von Speicherplatz wissen nicht, was ihre Nutzer speichern und ob die Inhalte rechtswidrig sind. Deshalb verstößt diese Regelung gegen EU-Recht. Außerdem schießt sie über das Ziel hinaus, denn sie erfasst auch nicht-kommerzielle Anbieter, die kein “Geschäftsmodell” verfolgen. Schließlich ist die Regelung unwirksam, weil Filehosting-Anbieter einfach ins Ausland umziehen werden, wo das Gesetz nicht gilt.

Fazit: Der Bundeswirtschaftsminister will offene WLAN-Hotspots und bestimmte Filehoster in Deutschland abschaffen, weil sie den Musik-, Film- und Textverwertern ein Dorn im Auge sind. Deutschland wird dadurch zum digitalen Entwicklungsland. Gegen die Pläne einsetzen kann man sich bei der “Digitalen Gesellschaft” oder der Piratenpartei.
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