München
Gegen „Überwachungswahn“ und für Erhalt der Bürgerrechte

Kundgebung „Freiheit statt Angst“ in München

15.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:56 Uhr
Gegen Überwachung gingen am Donnerstag zahlreiche Demonstranten in München auf die Straße. −Foto: Fehr

München (DK) Das Motto und die Organisation „Freiheit statt Angst“ (FSA) gibt es bundesweit seit elf Jahren, das Thema ist aber nicht von gestern, im Gegenteil: Es ist und bleibt aktuell und relevanter denn je, sagen die Veranstalter und die diversen Redner der Kundgebung am Donnerstag beim Stachus in München.

Und sie gehen noch weiter: „Es wird immer schlimmer und entwickelt sich mit einem erschreckenden Tempo“, sagt Arnold Schiller von „FSA“. Damit meint er unter anderem die stetig erweiterte Videoüberwachung. „Nach jedem Terroranschlag wird reflexartig der Ruf nach Überwachung lauter.“ Auch das Attentat auf der London Bridge habe jedoch gezeigt, dass Überwachung dies nicht verhindern konnte. „Und das, obwohl London seit Jahren die Stadt mit den meisten Videokameras ist“, so Schiller. Hauptanliegen von „FSA“ und einem breiten Bündnis aus Grünen, der Piratenpartei, den Linken, der ÖDP, den Jungen Liberalen, der FDP, von „Digitalcourage" und von "Mehr Demokratie" sind Datenschutz, mehr Mitbestimmung, die Vorratsdatenspeicherung – und die staatliche Überwachung. 

Eine „massive Einschränkung der Freiheits- und Bürgerrechte“ sieht Margarete Bause von den Bayerischen Grünen in neuen Sicherheitsgesetzen. Videoüberwachung sei offenbar „das Allheilmittel“. Sinnvoller und hilfreicher sei etwa jedoch, „mehr Polizei und gut ausgebildete Polizei“ einzusetzen. Bause kritisiert außerdem den Vorschlag von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), auch Minderjährige und Kinder im islamistischen Umfeld beobachten zu können. Bause dazu: „Wachsen Kinder in einem radikalisierten Umfeld auf, sind sie kein Fall für den Verfassungsschutz, sondern für das Jugendamt.“ Abschließend zitiert sie frei nach dem US-amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt (1933-1945): „Angst ist das einzige, wovor wir Angst haben müssen.“ Es gehe darum, so Bause, sich als freie und offene Gesellschaft nicht einschüchtern zu lassen und den Politikern bei ihrem „maßlosen Überwachungswahn“ Grenzen zu setzen.

Einer der Vorkämpfer gegen die Datenspeicherung, der Jurist Patrick Breyer von der Piratenpartei aus Schleswig-Holstein, kritisierte ebenfalls, dass Angst geschürt werde. Er appellierte, sich zu informieren und sich zu wehren. „Ängstliche Menschen zu kontrollieren ist leichter als zuversichtliche und mutige.“ 
Seit 2009 bei den Kundgebungen und Demonstrationen regelmäßig dabei ist auch Christian Doppler von der Piratenpartei Ingolstadt. Der 35-Jährige war etwas enttäuscht über die geringe Resonanz bei der Kundgebung im Vergleich zum Vorjahr. „Das spiegelt aber möglicherweise  auch die Tendenz wider, dass viele glauben, nichts gegen Überwachung tun zu können.“ Das sei jedoch nicht so. „Es geht darum, ein Zeichen zu setzen und sich in seiner Freiheit nicht einschränken zu lassen.“