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Bericht über die versuchte Geiselnahme am 1.12.2012 in der JVA Lübeck

Allgemein

Erster Bericht des Justizministeriums über den Ablauf der versuchten Geiselnahme:

Am 01.12.2012 hat der Sicherungsverwahrte B. anlässlich des Gottesdienstes versucht, eine Bedienste der JVA Lübeck als Geisel zu nehmen. Unmittelbar nach Beginn des Gottesdienstes, der von insgesamt acht Gefangenen besucht worden ist, hat B. vorgegeben, wegen einer Magen-Darm-Erkrankung auf die Toilette gehen zu müssen. Die im Kirchenraum zur Aufsicht eingeteilte Bedienstete ist dann mit B. in Richtung der in der Nähe zum Kirchenraum liegenden Toiletten gegangen. Während die Bedienstete den Toilettenraum mit dem Anstaltsschlüssel aufschloss, hat der Sicherungsverwahrte B. sie von hinten erfasst und ihr mit einer Hand den Mund zugehalten. Dabei soll er geäußert haben, dass sie ruhig bleiben soll, sonst würde er sie umbringen. Die Bedienstete konnte sich durch einen Biss in die Hand des B. lösen und sowohl über Funk als auch durch lautes Rufen auf ihre Situation aufmerksam machen.
Durch das Rufen wurden der Anstaltspastor und die übrigen sieben am Gottesdienst teilnehmenden Gefangenen auf die Situation aufmerksam. Zwei Strafgefangene sind aus dem Kirchenraum gelaufen und haben B., der zu diesem Zeitpunkt im Flur vor dem Toilettenraum neben der Bediensteten stand, von der Beamtin weggezogen und festgehalten.
Unmittelbar darauf erschienen vier Bedienstete vor dem Kirchenraum. Während sich der Lazarettbeamte um die Bedienstete kümmerte, wurde der Sicherungsverwahrte von den übrigen Bediensteten in den besonders gesicherten Haftraum im A – Flur verbracht.
Anlässlich des Umkleidens wurde dann festgestellt, dass der Sicherungsverwahrte B. mehrere Lagen Kleidungsstücke anhatte, u. a. mehrere kurze und lange Unterhosen und mehrere Sweat- und T-Shirts. In den Schuhen hatte er zwei selbstgebastelte Stichwaffen und ein Paar Schnürsenkel. Bei den Stichwaffen handelte es sich um jeweils einen Zahnbürstenstiel, an deren Ende zwei Plastikspitzen von einem Geodreieck mit Klebeband angebracht waren.
Die Bedienstete wurde durch zwei weibliche Bedienstete in das UKSH gebracht worden. Sie ist bis zunächst zum 07.12.2012 dienstunfähig. Das Kriseninterventionsteam wurde informiert und hat die vor Ort anwesenden Bediensteten betreut.
Eine Pressemitteilung wurde durch den Anstaltsleiter, Herrn …, noch am selben Tag an die Medien weitergegeben.
Grundlagen
Der hiesige Anstaltspastor erstellt monatlich im Voraus eine Übersicht, wann welches Hafthaus zur Kirche gehen kann. Die Übersicht wird auf den Stationen ausgehängt.
Gemäß § 54 StVollzG hat der Gefangene das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen seines Bekenntnisses teilzunehmen. Er kann davon nur ausgenommen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist. Dies war bei dem Sicherungsverwahrten B. nicht der Fall.
Die Gefangenen, die am Gottesdienst teilnehmen wollen, melden sich morgens bei der Kostausgabe. Die Stationsbediensteten prüfen, ob ein Hinderungsgrund im Sinne des § 54 StVollzG vorliegt.
Am Gottesdienst haben am 01.12.2012 insgesamt acht Gefangene teilgenommen. Nach der Teilnehmerzahl richtet sich, wie viele Bediensteten zur Aufsicht eingesetzt werden müssen. Nach dem Sicherungsplan müssen ab 10 Gefangene 2 Bedienstete zur Aufsicht eingesetzt werden. Der Schichtleiter legt fest, wer und wie viele zur Beaufsichtigung eingesetzt werden
Ob und wie die Gefangenen am Wochenende durchsucht worden sind, kann erst nach Befragung der am Wochenende eingesetzten Bediensteten erfolgen. Die von dem Gefangenen in seinen Schuhen mitgeführten selbstgebastelten Stichwerkzeuge wären bei einer normalen Kontrolle des Gefangenen nicht entdeckt worden.

Kommentare

1 Kommentar
  • Axel

    Mir scheint, dass bei einem Gefangenen auf der Toilette und sieben in der Kapelle zwei Sicherheitsbeamte nötig wären: Einer bei dem Gefangenen auf dem Weg auf und bei der Toilette und einer bei den übrigen sieben.
    Bezüglich des selbstgebastelten Stichwerkzeugs müßte man sich meiner Meinung nach ohne aus einem Einzelfall heraus überzureagieren fragen: Kommt Versteck von Waffen am Körper öfter vor? Wie häufig? Dann wäre die Kontrolle des Gefangenen gründlicher durchzuführen, inklusive u. a. der Innenseite der Schuhe. Oder ist es ein Einzelfall? Dann bei dem bisherigen Kontrollverfahren bleiben. Kontrolliert werden sollten die Gefangenen aber.

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