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Datenschutzzentrum und Piraten kritisieren Funkzellenabfragen in Schleswig-Holstein

Freiheit, Demokratie und Transparenz Landtag

Foto: Markus HansenMorgen stellt die schleswig-holsteinische Landesdatenschutzbeauftragte Hansen im Innenausschuss des Landtags ihren Bericht über die Prüfung “nicht-individualisierter Funkzellenabfragen” vor. Sie und die Piraten üben Kritik an der massenhaften Handyortung durch die Polizei.
Die Funkzellenabfrage erzeugt dem Bericht zufolge “in besonderem Maße eine Gefahr für Unbeteiligte, in die Ermittlungen einbezogen zu werden“. Die Untersuchung einer Stichprobe von 10 Funkzellenabfragen durch das Landesdatenschutzzentrum ergab, dass die Prüfung der Verhältnismäßigkeit “oftmals nur unzureichend dokumentiert” wurde. Eine Benachrichtigung der Betroffenen erfolgte “in mehreren Fällen nicht”. Die Frage der Datenlöschung sei “in jedem Verfahren unterschiedlich, teilweise auch gar nicht, beantwortet” worden. Die Landesdatenschutzbeauftragte fordert nun “zentrale Vorgaben” durch den Generalstaatsanwalt, “um eine einheitliche Durchführung von Funkzellenabfragen nach grundrechtskonformen Maßstäben sicherzustellen.”
Hintergrund: Der Landtag hatte das Datenschutzzentrum um die Prüfung gebeten, nachdem eine Große Anfrage der Piratenfraktion im Jahr 2013 ergeben hatte, dass nicht einmal jede 20. Funkzellenabfrage zu einer Verurteilung geführt hat. Die Überwachung von Handynutzern in Schleswig-Holstein mithilfe der sog. Funkzellenanfrage steigt sprunghaft an: Während 2012 noch 256 Funkzellenabfragen erfolgten, waren es 2013 schon 441 (+72%) und 2014 schon 569 (+122%).
Kommentar Patrick Breyer (MdL, Piratenpartei):

Schätzungsweise 4 Mio. unverdächtige Menschen in Schleswig-Holstein geraten jährlich ins Visier der Polizei – alleine aufgrund ihres Aufenthaltsorts. Der steile Anstieg der Abfrage von Handynutzern ist nicht zu rechtfertigen, wenn man sich die etwa gleich bleibende Zahl von Straftaten ansieht. Es ist unverhältnismäßig, mit geringer Erfolgsaussicht ins Blaue hinein eine massenhafte Kompletterfassung aller Menschen im Umkreis eines Tatorts vorzunehmen. Zumal aufgrund einer Funkzellenabfrage leicht zu Unrecht einer Straftat verdächtigt werden kann, wer zur falschen Zeit am falschen Ort war. Wir Piraten fordern deshalb eine Abschaffung dieser Maßnahme oder zumindest ihre Beschränkung auf schwerste Straftaten. Außerdem fordern wir eine Benachrichtigung aller Betroffenen per SMS und eine sofortige Löschung der Daten Unverdächtiger, anstatt sie jahrelang zu horten. Der Landtag und der Generalstaatsanwalt müssen dringend die entsprechenden Empfehlungen der Landesdatenschutzbeauftragten aufgreifen.

Die öffentliche Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses zu der Frage wird morgen ab 14 Uhr per Livestream übertragen. Für die Diskussion mit der Landesdatenschutzbeauftragten ist eine Stunde vorgesehen.

Kommentare

2 Kommentare
  • Anonym

    Schwerste Straftaten? Hoffentlich ist das nicht so gemeint, wie im VDS-Gesetz. Dann würden auch Whistleblower-“Delikte” darunter fallen. Vielleicht mögt ihr das noch mal konkretisieren.

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