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Elmshorn: Brennpunkt Bahnhof: Drogen und Waffen | shz.de

Presseberichte

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Bei Dunkelheit ist es am Parkdeck am Steindammpark trotz der Laternen düster und einsam. Dieser Bereich gehört zu dem als „gefährlicher Ort“ eingestuften Gebiet.
Foto: Schönstedt
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Elmshorn | Diebstahl, Körperverletzung, Drogenkonsum – über 400 Straftaten werden pro Jahr rund um den Elmshorner Bahnhof und im nahegelegenen Steindammpark begangen. Dass deshalb die Polizei seit Ende April verstärkte Kontrollen in diesem Bereich durchführt, ist bekannt. Neu ist hingegen, dass die Polizei den Bereich seit dem 29. April als „gefährlichen Ort“ einstuft – ohne die Öffentlichkeit darüber explizit informiert zu haben.
Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der Piraten-Fraktion hervor. Landtagsmitglied Patrick Breyer erhebt schwere Vorwürfe: „Mit dieser Einstufung konnten beliebige dort angetroffene Personen vorsorglich durchsucht werden, auch wenn sie unverdächtig sind. Das betrifft potenziell sehr viele Menschen. Wenn die Polizei solche Sonderrechte in Anspruch nehmen will, dann sollte sie dies auch öffentlich ankündigen und rechtfertigen.“
Bewusst verzichtet
Aus dem Innenministerium heißt es dagegen, man habe bewusst in den Pressemitteilungen auf den Begriff „gefährlicher Ort“ verzichtet, um eine Verunsicherung der im bezeichneten Gefahrenbereich wohnenden Bevölkerung zu verhindern. Wie Elmshorns Polizeichef Thorsten Buchwitz betont, werden die Kontrollen keineswegs willkürlich durchgeführt. „Es ist abwegig zu behaupten, wir würden jeden unter Generalverdacht stellen. Wir kontrollieren nur nachts und am Wochenende – und zwar keine harmlosen Pendler und Urlauber, sondern mit Augenmaß.“ Der Bahnhof sei ganz klar ein Kriminalitätsschwerpunkt im Kreis – auch verglichen mit anderen Bahnhöfen. „Und darauf reagieren wir mit verstärkten Kontrollen, darauf reagiert auch die Stadt Elmshorn mit Videoüberwachung und die Bundespolizei, indem sie sich gezielt für den Standort entschieden hat.“
Die Polizei stuft die Bahnhofsumgebung so lange als gefährlichen Ort ein wie notwendig, sagt Buchwitz. Auf den Monat September hat er die Kontrollen bereits ausgedehnt, weil die Beamten bei beinahe jedem der etwa 30 Rundgänge im Gebiet Drogen oder Waffen gefunden hätten. „Aber langsam zeigen die Kontrollen Wirkung. Wenn das so bleibt, werden wir wieder reduzieren.“
30 Kontrollen
Rund 30 Kontrollen haben Beamte der Elmshorner Polizei in den Wochenend-Nächten seit Ende April im Bahnhofsumfeld durchgeführt. Dabei haben sie 36 Straftaten aufgedeckt, vor allem Drogendelikte und Verstöße gegen das Waffengesetz. „Von Messern bis zu Schusswaffen war alles dabei“, sagt Thorsten Buchwitz, Leiter des Elmshorner Polizeireviers.
Für ihn ist dieses Ergebnis der beste Beweis dafür, dass die Einstufung des Bahnhofsumfelds als „gefährlicher Ort“ und die damit verbundenen verstärkten Kontrollen notwendig und richtig sind. „Das ist das, was die Bürger zurecht von der Polizei erwarten. Allein, dass wir präsent sind, wird von vielen als wohltuend empfunden.“ Der Steindammpark gelte unter Elmshornern als Ort, der nachts gemieden werden müsse. „Das können wir als Polizei nicht hinnehmen.“
Gefahrengebiet oder gefährlicher Ort?
Mit dem Gefahrengebiet, das voraussichtlich ab Anfang Oktober im Kreis Pinneberg ausgerufen wird, hat die Einstufung als „gefährlicher Ort“ übrigens nichts zu tun. Zum Gefahrengebiet kann laut Paragraph 180 des Landesverwaltungsgesetzes der öffentliche Verkehrsraum „zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten“ erklärt werden. Dann dürfen Polizeibeamte unter anderem Autos anhalten und durchsuchen. Die Einstufung als Gefahrenbereich muss zunächst auf 28 Tage beschränkt werden. Während zweimalige Verlängerungen zulässig sind, bedarf eine weitere Verlängerung einer richterlichen Entscheidung.
Ein „gefährlicher Ort“ dagegen ist laut Paragraph 181 ein Gebiet, in dem „zu diesem Zeitpunkt Tatsachen dafür sprechen, dass dort Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben“. An diesen Orten und zu den betroffenen Zeitpunkten dürfen Polizeibeamte die Identität von Personen feststellen. Für Thorsten Buchwitz sind die Voraussetzungen durch die große Häufung von Straftaten im Bahnhofsumfeld und im Steindammpark klar erfüllt. Eine richterliche Anordnung ist dafür nicht notwendig.
Polizei lässt Kontrollen auslaufen
Selbst der Landtagsabgeordnete Patrick Breyer (Piraten) lehnt die Einstufung des Elmshorner Bahnhofsumfelds als gefährlicher Ort nicht ab – zumal die Polizei angekündigt hat, die Kontrollen auslaufen zu lassen, sobald sich die Situation merklich beruhigt hat. Der Politiker kritisiert aber die fehlende Transparenz in der Öffentlichkeitsarbeit. Weil potenziell viele Menschen von den Kontrollen betroffen seien, hätte die Polizei sie „auch öffentlich ankündigen und rechtfertigen“ sollen.
Elmshorns Polizeichef Thorsten Buchwitz hat sich bewusst gegen die Bezeichnung „gefährlicher Ort“ entschieden, um eine Verunsicherung der Bevölkerung zu verhindern. Er ist zufrieden, dass die Polizeikontrollen mittlerweile Wirkung zeigen und die Lage sich beruhigt hat. Die Kontrollen können in diesem Fall nach und nach reduziert werden. Buchwitz will die Situation aber auf jeden Fall weiterhin beobachten, um das Handeln der Polizei an die Gegebenheiten anpassen zu können.
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