Zum Inhalt springen

Kampf gegen Missbrauchsfotos EU-Parlament bestätigt Erlaubnis zum Scannen von E-Mails und Chats

Google, Microsoft und Facebook dürfen wieder automatisiert nach Abbildungen von Kindesmisshandlungen suchen. Patrick Breyer von der Piratenpartei spricht vom »Todesstoß für das digitale Briefgeheimnis«.
EU-Parlament in Straßburg (Archivbild): datenschutzrechtliche Bedenken

EU-Parlament in Straßburg (Archivbild): datenschutzrechtliche Bedenken

Foto: Hans Hofer / dpa

Im Kampf gegen Fotos und Videos sexuell misshandelter Kinder im Internet hat das Europaparlament einer Übergangsregelung zugestimmt. Die am Dienstag in Straßburg bestätigte Vereinbarung soll es Anbietern ermöglichen, wieder private Nachrichten nach Material von Kindesmisshandlung zu scannen. Seitdem am 21. Dezember der neue EU-Kodex für die elektronische Kommunikation wirksam geworden ist, ist das automatisierte Filtern von Nachrichten, die über Mail- und Messenger-Dienste versendet werden, eigentlich nicht mehr erlaubt. Google und Microsoft taten es dennoch weiterhin, im Vertrauen auf eine baldige rechtliche Lösung. Facebook hingegen setzte die Durchsuchung von Messenger-Nachrichten zwischenzeitlich aus.

EU-Staaten und Europaparlament hatten sich bereits im April auf die Übergangslösung geeinigt. Sie soll bis zu drei Jahre gelten und es auch ermöglichen, Grooming aufzuspüren, also die gezielte Kontaktaufnahme mit Kindern im Netz von Erwachsenen in Missbrauchsabsicht.

Das Europaparlament hatte in den Verhandlungen einige datenschutzrechtliche Bedenken angebracht. Vor allem Patrick Breyer von der Piratenpartei ist strikt gegen die Verordnung. Seiner Ansicht nach dürften E-Mail-, Messaging- und Chatanbieter nun elektronische Korrespondenz wieder anhand intransparenter Datenbanken und mit fehleranfälliger künstlicher Intelligenz durchsuchen. Bis zu 86 Prozent der Nachrichten, die der Polizei gemeldet würden, seien nicht strafrechtlich relevant, die betroffenen Nutzerinnen und Nutzer würden zu Unrecht verdächtigt.

»Denunziationsmaschinen« oder »praktikable Übergangslösung«?

Breyer teilte mit: »Die Verordnung versetzt dem digitalen Briefgeheimnis den Todesstoß. Sie ist allgemein ein Dammbruch in Richtung verdachtsloser Überwachung privater Räume durch Konzerne – mit dieser totalitären Logik könnten auch unsere Post, unsere Smartphones oder unsere Schlafzimmer unter Überwachung gestellt werden. Solche Denunziationsmaschinen auf uns loszulassen ist ineffektiv, illegal und unverantwortlich«.

Er will die Verordnung daher vor Gericht zu Fall bringen und sucht nach Missbrauchsopfern, die als Beschwerdeführer auftreten würden. »Missbrauchsopfern schadet eine verdachtslose Nachrichtendurchleuchtung besonders«, sagte Breyer. »Gerade Betroffene sexualisierter Gewalt sind auf die Möglichkeit angewiesen, sicher und vertraulich kommunizieren zu können«, etwa mit Therapeuten oder Anwältinnen. »Diese sicheren Räume werden ihnen nun durch die Chatkontrolle genommen«, glaubt Breyer. »Das kann Opfer davon abhalten, Hilfe und Unterstützung zu suchen.«

Berichterstatterin Birgit Sippel von der SPD wiederholte in der Plenardebatte am Montag hingegen, Datenschutz sei kein Täterschutz, sondern Basis der Demokratie. Die Vertraulichkeit der Kommunikation müsse auch im Sinne der Kinder geschützt werden. Die Einigung nannte sie eine praktikable Übergangslösung.

pbe/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.