Breyers Netzwelt Die größten Gefahren der Vorratsdatenspeicherung

Von Patrick Breyer | 04.07.2015, 03:00 Uhr

Warum ist die Vorratsdatenspeicherung so schlimm? Die Top 5 unseres Kolumnisten.

SPD und CDU wollen es wissen: Welche Bürger bestimmte Internetseiten besucht haben, mit wem wir telefonieren oder SMS austauschen und sogar wo wir uns dabei aufhalten. Diese Daten ermöglichen Wissenschaftlern zufolge die genaue Abbildung unseres persönlichen Umfelds und die Erstellung von Verhaltens- und Bewegungsprofilen, welche wiederum Rückschlüsse auf unsere Neigungen und Interessen zulassen – bis hin zu Aussagen über Krankheiten, Schulden oder Eheprobleme. Welche Konsequenzen hat eine Vorratsspeicherung unserer Kommunikationsdaten?

1. Sicherheitsrisiko: Leider kommt es bei Telekommunikationsunternehmen immer wieder zu Zugriffen Unbefugter auf über uns gespeicherte Informationen durch Datenverkauf, Datenmissbrauch, Datendiebstahl und Datenlecks.

2. Beschädigung der Pressefreiheit: Vorratsdatenspeicherung untergräbt den Schutz journalistischer Informanten. Insider sind oft nur im Schutz der Anonymität bereit, Skandale, Korruption und andere Missstände aufzudecken und dadurch deren Beseitigung zu ermöglichen.

3. Behinderung der Verbrechensaufklärung: Vorratsdatenspeicherung erhöht die polizeiliche Aufklärungsrate nicht. Sie gefährdet die Verfolgung von Straftätern sogar. Straftaten werden unter Umständen erst gar nicht mehr bekannt, weil sie nicht mehr anonym zur Anzeige gebracht werden können. Darüber hinaus veranlasst eine Vorratsdatenspeicherung Kriminelle zur Verschleierung ihrer Kommunikation. Eine gezielte Überwachung auf richterliche Anordnung im Verdachtsfall wird damit oft gänzlich unmöglich.

4. Verfolgung Unschuldiger: Vielleicht müssen Sie sich morgen vor der Polizei dafür rechtfertigen, warum Ihr Smartphone zur falschen Zeit am falschen Ort war (Funkzellenabfrage nach einer Straftat) oder warum von Ihrem Internetanschluss eine bestimmte Seite aufgerufen wurde. Durch Verbindungsdaten geraten Bürger zu Unrecht unter Verdacht – und sei es auch nur wegen eines Zahlendrehers, eines verkauften Handys oder eines geknackten Internetzugangs. Dies zieht immer wieder Überwachungsmaßnahmen, Hausdurchsuchungen oder sogar Festnahmen nach sich und hat schon das Leben unbescholtener Bürger ruiniert.

5. Dammbruch: Vorratsdatenspeicherung läutet das Ende der Privatsphäre ein. Denn die Vorratslogik, „Das könnte den Ermittlern einmal nützlich werden“, kennt keine Grenzen. Warum nicht Überwachungskameras in den Schlafzimmern aller verheirateten Paare installieren – schließlich könnte das zur Aufklärung von Vergewaltigungen in der Ehe beitragen? Die von der Regierung für die gesamte Bevölkerung geplante anlasslose Datensammlung führt zur schrittweisen Abschaffung privater Räume.

> Einsatz für die Privatsphäre: www.campact.de/vorrat; www.vorratsdatenspeicherung.de

> Patrick Breyer ist Landtagsabgeordneter in Schleswig-Holstein und Mitglied der Piratenpartei.

TEASER-FOTO: Redaktion