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Piratenpartei: Kritik an möglicher Neuordnung der Altersvorsorge für Abgeordnete | shz.de [extern]

Landtag Piratenpartei Presseberichte

Pirat Patrick Breyer nennt das Verlassen des gesetzlichen Rentenversicherungssystems von Abgeordneten „unsolidarisch“.

von Dieter Schulz
13. Juli 2018, 21:32 Uhr

Der frühere Landtagsabgeordnete und jetzige Spitzenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl Patrick Breyer hat Überlegungen, die Altersversorgung der Abgeordneten neu zu ordnen, scharf kritisiert. „Finger weg von der Abgeordnetenversorgung, die in Schleswig-Holstein erst auf massiven öffentlichen Druck angemessen geregelt worden ist! Von den ‚Nöten‘ der Parlamentarier kann der Normalbürger nur träumen“, erklärte Breyer am Freitag.

Ein Arbeitnehmer mit vergleichbaren Bezügen wie Abgeordnete würde von seinem Arbeitgeber 604,50 Euro monatlich erhalten (9,3 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze von 6500 Euro), rechnete der Piraten-Politiker vor und verwies darauf, dass die Diätenkommission 2001 einen Altersvorsorgebeitrag von nur 850 Euro pro Monat empfohlen habe.

Altes Versorgungsgesetz vor zehn Jahren abgelöst

 

Nach dem alten Versorgungsgesetz erhielten Abgeordnete, die mindestens acht Jahre Mitglied des Landtages waren, eine Rente von 1760 Euro, bei längerer Zugehörigkeit noch mehr. Dieses, an beamtenrechtlichen Bezügen orientierte, Modell wurde vor zehn Jahren von einer Regelung abgelöst, die sich eher an Freiberuflern orientiert. Demnach hat jeder Abgeordnete monatlich bis zu 1829 Euro zur Verfügung, für die er einen privaten Alters- und Hinterbliebenen-Versorgungsvertrag abschließen muss. Überwiesen bekommt er nur die Summe, über die er den Vertrag abgeschlossen hat.

Für die jetzt 73 Abgeordneten summieren sich die Ausgaben für die Altersabsicherung von Juli 2017 bis Juli 2022 insgesamt auf über 8,3 Millionen Euro. Zum Vergleich: Von der alten Regelung profitieren heute noch 162 ehemalige Abgeordnete oder deren Hinterbliebene – Kosten für den Steuerzahler: allein im vergangenen Jahr 4,2 Millionen Euro.

Breyer erinnerte zudem an die Begründung für den damaligen Systemwechsel bei der Altersversorgung der Abgeordneten. So habe die frühere Chefin des SSW, Anke Spoorendonk, 2006 erklärt: „Ziel ist es, dass die Abgeordneten nicht länger eine Extrawurst in Form der besonderen Altersversorgung bekommen, sondern wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger in die Kranken- und Rentenversicherung einzahlen. Wir wollen weg von der beamtenähnlichen oder, wie man auch sagen könnte, beamtenlastigen Absicherung, und hin zu einem neuen, transparenten System.“

„Abgeordnete sollen keine Extrawurst für sich verlangen.“

Die heutige Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) hatte damals erklärt: „Wir Grünen haben deshalb im Finanzausschuss vorgeschlagen, diesen Betrag dem geltenden Recht anzupassen und den Betrag von 1500 Euro für die Altersvorsorge im Gesetz auf 1200 Euro abzusenken. Damit würden wir unser Ziel erreichen, dass Abgeordnete vom Landtag den Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung real erstattet bekommen.“

Landtagspräsident Klaus Schlie (CDU) hatte die Einsetzung einer Expertenkommission am Monatsbeginn bekanntgegeben. „Durch die Niedrigzinsphase hat sich die Situation grundlegend geändert“, begründete Schlie seinen Schritt. Es stelle sich die Frage, so der Landtagspräsident, ob Abgeordnete überhaupt noch in der Lage seien, eine angemessene Altersvorsorge aufzubauen.

Da die Versicherer zurzeit gerade noch den Garantiezins von 0,9 Prozent anböten, würde ein Abgeordneter, der in dieser Wahlperiode die Höchstsumme über die gesamten fünf Jahre einzahlt, nach Erreichen des 67. Lebensjahres eine Altersrente von monatlich 384 Euro erhalten.

„Abgeordnete sollen keine Extrawurst für sich verlangen. Ihr Verlassen des gesetzlichen Rentenversicherungssystems ist unsolidarisch, weil sie dadurch keinen Beitrag zur Finanzierung der Renten unserer Eltern mehr leisten“, erklärte Breyer am Freitag und legte nach. „Es ist kein Zufall, dass dieser Beschluss erst nach dem Aus für uns Piraten im Landtag getroffen wurde. Mit uns hätte es ihn nicht gegeben. Entlarvend ist, dass die Schein-Protestpartei AfD mitmacht, wenn es um die eigenen Pfründe geht – wie schon bei Chauffeur- und Diätenzulagen.“