Change language: Deutsch
Teilen:

Sprunghafter Anstieg der Funkzellenabfragen in Schleswig-Holstein

Freiheit, Demokratie und Transparenz Juristisches Landtag Pressemitteilungen (SH)

Die Überwachung von Handynutzern in Schleswig-Holstein mithilfe der sog. Funkzellenanfrage steigt sprunghaft an: Während 2012 noch 256 Funkzellenabfragen erfolgten, waren es 2013 schon 441 (+72%) und 2014 schon 569 (+122%). Dies hat das Innenministerium auf Anfrage des Landtagsabgeordneten Patrick Breyer von der Piratenpartei mitgeteilt.
“Schätzungsweise schon 4 Mio. unverdächtige Menschen in Schleswig-Holstein geraten jährlich ins Visier der Polizei – alleine aufgrund ihres Aufenthaltsorts. Der steile Anstieg der Abfrage von Handynutzern ist nicht zu rechtfertigen, wenn man sich die etwa gleich bleibende Zahl von Straftaten ansieht. Es ist unverhältnismäßig, mit geringer Erfolgsaussicht ins Blaue hinein eine massenhafte Kompletterfassung aller Menschen im Umkreis eines Tatorts vorzunehmen. Zumal aufgrund einer Funkzellenabfrage leicht zu Unrecht einer Straftat verdächtigt werden kann, wer zur falschen Zeit am falschen Ort war.
Wir Piraten fordern deshalb eine Abschaffung dieser Maßnahme oder zumindest ihre Beschränkung auf schwerste Straftaten, eine Benachrichtigung aller Betroffenen per SMS und eine sofortige Löschung der Daten Unverdächtiger, anstatt sie jahrelang aufzubewahren. Der Landtag und der Generalstaatsanwalt müssen sich dringend mit den entsprechenden Empfehlungen des Landesdatenschutzbeauftragten befassen. Vor allem aber muss das beispiellose Vorhaben von SPD und CDU im Bund gestoppt werden, die Standortdaten der gesamten Bevölkerung wochenlang auf Vorrat speichern zu lassen – wer sich nichts zuschulden kommen lassen hat, darf auch nicht gespeichert werden!”
Der Abgeordnete Uli König ergänzt: “Die Nichtbenachrichtigung der Betroffenen ist in meinen Augen ein vorsätzlicher Rechtsbruch und nimmt dem Betroffenen jede Chance, Rechtsmittel gegen die Zweckentfremdung ihrer persönlichen Daten einzulegen. Eine Benachrichtigung der Betroffenen per SMS wäre leicht möglich und ist den Behörden durchaus zumutbar.”
Hintergrund: Die Funkzellenabfrage erzeugt laut Landesdatenschutzbeauftragtem Dr. Thilo Weichert “in besonderem Maße eine Gefahr für Unbeteiligte, in die Ermittlungen einbezogen zu werden“. Zuletzt veröffentlichte der Landesdatenschutzbeauftragte das Ergebnis einer Untersuchung, derzufolge die Prüfung der Verhältnismäßigkeit “oftmals nur unzureichend dokumentiert” wurde und in puncto Transparenz “nahezu komplette Fehlanzeige” bestehe. Eine Benachrichtigung der Betroffenen sei “nur in einem der geprüften Fälle vorgenommen worden”. Weichert fordert deshalb eine “landesweite Regelung … durch die Justiz”: “Klare Vorgaben” sollen “eine einheitliche datensparsame Verwendung der Funkzellendaten gewährleisten” und für “Transparenz für die Betroffenen” sorgen. Der Landtag hatte Weichert um Prüfung gebeten, nachdem einer Großen Anfrage der Piratenfraktion im Jahr 2013 zufolge nicht einmal jede 20. Funkzellenabfrage zu einer Verurteilung geführt hat.
Das Bild “Freiheit statt Angst 2013 – 07.09.2013 – Berlin – IMN_8929” von PM Cheung ist lizenziert unter einer Creative Commons Attribution 2.0 Generic (CC BY 2.0) Lizenz. Beruht auf dem Werk unter https://www.flickr.com/photos/pm_cheung/9696079170/.

Kommentare

1 Kommentar

Kommentar schreiben:

Alle Angaben sind freiwillig. Die Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.