Change language: Deutsch
Teilen:

Industriefreundliches Digitale-Dienste-Gesetz lässt Big Tech-Geschäftsmodell intakt

Europaparlament Freiheit, Demokratie und Transparenz Pressemitteilungen

Ab heute müssen die größten Internetkonzerne wie Amazon, Meta (Facebook, Instagram), TikTok, X/Twitter, Youtube und die Google-Suchmaschine dem neuen EU-Gesetz über Digitale Dienste (Digital Services Act) nachkommen. Der Europaabgeordnete der Piratenpartei Dr. Patrick Breyer saß als Berichterstatter des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten (LIBE) am Verhandlungstisch und dämpft die Erwartungen:

„Mit dem Digital Services Act hat das Europäische Parlament versucht, das überwachungskapitalistische Geschäftsmodell der allgegenwärtigen Online-Überwachung zu überwinden, Industrie- und Regierungsinteressen haben das aber verhindert. Nutzern wird keine Alternative zu den toxischen Algorithmen der Plattformen angeboten, die die kontroversesten und extremsten Inhalte an die Spitze ihrer Timelines pushen, und rein chronologische Timelines sind kaum nutzbar. Legale Inhalte, einschließlich Medienberichte, werden nicht davor geschützt, durch fehleranfällige Upload-Filter oder willkürlich festgelegte Plattformregeln unterdrückt zu werden. Die freie Meinungsäußerung im Netz wird nicht vor fehleranfälligen Zensurmaschinen (Uploadfilter), willkürlicher Plattformzensur sowie grenzüberschreitenden Löschanordnungen aus illiberalen Mitgliedsstaaten ohne Richterbeschluss geschützt, so dass völlig legale Berichte und Informationen gelöscht werden können. Unsere Privatsphäre im Netz wird weder durch ein Recht auf anonyme Internetnutzung noch durch ein Recht auf Verschlüsselung oder ein Verbot von Vorratsdatenspeicherung geschützt. Die Bezeichnung ‚Digitales Grundgesetz‘ verdient das neue Regelwerk insgesamt nicht, denn der Deal versagt vielfach beim Schutz unserer Grundrechte im Netz.

Erfreulich ist, dass exzessive nationale Alleingänge wie das NetzDG der Vergangenheit angehören. Minderjährige werden vor Überwachungswerbung geschützt. Stark verwässert wurde das Verbot, sensible Persönlichkeitsmerkmale wie die politische Meinung, Krankheiten oder sexuelle Vorlieben eines Nutzers zur gezielten Manipulation und Ansprache zu nutzen. Wir müssen das digitale Zeitalter endlich in die eigene Hand nehmen, statt es Konzernen und Überwachungsbehörden zu überlassen! Dafür werden wir Piraten weiter kämpfen.“