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Terroristische Inhalte Online (Archiv)

Die Europäischen Institutionen haben sich auf eine Verordnung zur „Verhinderung der Verbreitung terroristischer Inhalte im Internet“ (TERREG-Verordnung) geeinigt. Die Anwerbung von Terroristen zu verhindern, ist ein richtiges Ziel. Das Problem sind die vorgesehenen Mittel dazu:

Behörden in allen EU-Mitgliedsstaaten (einschließlich denjenigen mit rechtsstaatlichen Problemen wie Ungarn und Polen) werden strafbewehrt und ohne Richtervorbehalt die Löschung angeblich “terroristischer Inhalte” innerhalb einer Stunde von beliebigen Website-Betreibern auch in anderen Ländern anordnen können. So könnte etwa Ungarns Regierungschef Orban künftig die Löschung von Internetveröffentlichungen in Deutschland anordnen. Anti-Terror-Gesetze wurden in der Vergangenheit bereits gegen katalanische Separatisten, gegen Einwanderer in Ungarn und soziale Proteste in Frankreich eingesetzt, was das Missbrauchsrisiko unterstreicht. Der Staat der Veröffentlichung und dessen Gerichte können nur eingeschränkt und in aufwändigen Verfahren gegen unrechtmäßige ausländische Löschanordnungen einschreiten. Immerhin kann gegen ausländische Löschanordnungen im Land der Veröffentlichung geklagt werden.

Die Vereinten Nationen haben den Gesetzesvorschlag der EU daher als Gefahr für die Meinungsfreiheit im Internet eingestuft.

Immerhin konnten einige wichtige Schutzvorkehrungen durchgesetzt werden:

  1. Inhalte, die zu Bildungs-, Kunst-, journalistischen oder Forschungszwecken oder zur Sensibilisierung gegen terroristische Aktivitäten verbreitet werden sowie Inhalte, die Ausdruck polemischer oder kontroverser Ansichten im Rahmen einer öffentlichen Debatte sind, sind von Löschungen auszunehmen.
  2. Es gibt einen eindeutig formulierten Verzicht auf den verpflichtenden Einsatz fehleranfälliger Uploadfiltern. Die fehleranfälligen Zensuralgorithmen, die terroristische Propaganda nicht zuverlässig von der legitimen Nutzung von Bildern/Videos unterscheiden können, werden aber verbreitet freiwillig eingesetzt.
  3. Geldstrafen für Anbieter, die aus technischen oder betrieblichen Gründen einer Löschanordnung nicht innerhalb einer Stunde nachkommen können (z.B. private Webseitenbetreiber zur Nachtzeit), sind ausgeschlossen.

Der Innenausschuss des Europäischen Parlaments stimmte für die Verordnung. Im Plenum wurde sie ohne Abstimmung angenommen.

Der finale Text der Verordnung ist hier zum Download verfügbar (andere Sprachen hier).

Hier gibt es sämtliche Verhandlungsdokumente der Triloge zum Download

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