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Best of Ordnungsrufe im Kieler Landtag

Landtag Reden

Aus Anlass meines Gangs vor das Verfassungsgericht wegen eines Ordnungsrufs für Kritik an der Vergabe von Ämtern ohne offene Ausschreibung habe ich mal gesichtet, wie es sonst so um die Redefreiheit im Kieler Landtag bestellt ist.

Die besten Ordnungsrufe seit 2012 wurden im Kieler Landtag für Folgendes verhängt:

  • Vorzeigen von Verkaufsprospekten und des Bildes “Stasi 2.0” (Patrick Breyer, PIRATEN)
  • “Die Täter fühlten sich legitimiert, mit Brandanschlägen ein ethnisch homogenes Deutschland herbeizuführen. Andere hatten dafür den Weg bereitet, so zum Beispiel Edmund Stoiber, der im Rahmen der Asyldebatte von der Gefahr einer durchrassten Gesellschaft sprach.” (Burkhard Peters, Grüne)
  • “Wir wollen nicht sagen, dass Herr Wollesen für dieses Amt ungeeignet wäre. Wohl aber stellen wir infrage, dass hier die fachlich beste Person ohne Rücksicht auf Parteienproporz ausgewählt worden ist. Die höchsten Ämter in unserem Land auf diese Art und Weise untereinander aufzuteilen, das lehnen wir PIRATEN ab.” (Patrick Breyer, PIRATEN)

Andere Äußerungen wurden gerügt oder sonst bemängelt:

  • “Es ist schon irgendwie öde, sich diese dumme Polemik anzuhören.” (Angelika Beer, PIRATEN, nach FDP-Rede über Gentechnik)
  • “Diese ist eine 1-a-Schaukampfbude, die viele Leute hier gern nutzen, aber ich würde den Bürgern gern auch die Ausschüsse näherbringen, in denen die eigentliche Arbeit stattfindet.” (Uli König, PIRATEN, über Landtagssitzungen)
  • “Ein Schurkenstück ist aber die Behauptung, dass die Überwachten kein Interesse an einer Benachrichtigung über die Überwachung hätten.” (Uli König, PIRATEN, zur Funkzellenabfrage)
  • “Anstatt die Schulstrukturen so zu belassen, wie sie sind, und sich tatsächlich um die Qualität in der Bildung zu kümmern, betätigt sich Ihre Koalition als Brandstifter unserer Schullandschaft.” (Johannes Callsen, CDU)
  • “Herr Günther, das ist schon eine große Unverschämtheit.” (Rasmus Andresen, Grüne)
  • “In dieser Legislaturperiode sollen noch insgesamt 750 Stellen im Schulbereich gestrichen werden. Das ist nicht nur deshalb doof, weil nach aktuellen Berechnungen der GEW immer noch rund 1.400 Stellen in der Grundversorgung fehlen, sondern durch die Inklusion entsteht ein weiterer Minimalbedarf von rund 1.000 Stellen.” (Torge Schmidt, PIRATEN)
  • “Der Antrag der Regierungsfraktionen erscheint uns im Übrigen vernünftiger als der Änderungsantrag der Piratentruppe.” (Dr. Ekkehard Klug, FDP)
  • “An diesem Punkt werden wir Sie auch wieder nageln, keine Sorge.” (Wolfgang Kubicki, FDP)
  • “Vielleicht tut das auch der Herr Kollege Kubicki, der mich jetzt gleich abwatscht.” (Astrid Damerow, CDU)
  • “Mit uns gäbe es keinen Regierungschef, keinen Ministerpräsidenten, der hier dieses Parlament belügt, der nicht die Wahrheit über Rücktrittsgründe verkündet, der das Parlament in solcher Weise beschimpft.” (Rainer Wiegard, CDU)
  • Quatsch!” (Anke Erdmann, Grüne)
  • “Sie behaupten in aller Öffentlichkeit, dass die Ost-CDU nicht auf ihr Vermögen verzichtet habe. Das ist nachweislich gelogen, und das wissen Sie auch, Herr Dr. Stegner.” (Daniel Günther, CDU)
  • “Im Zweifel muss du sagen, dass du wirklich keine Hexe bist. Oder am besten schmeißen wir dich in die Förde und gucken mal. Herr Kubicki, ich würde nicht so laut klatschen.” (Kai Dolgner, SPD)
  • “Ohne Grund Ressentiments gegen Gruppen zu schüren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein Werk von Schweinepriestern. Und das will kein Schwein hier haben.” (Lars Harms, SSW, zur Schweinefleischdebatte)
  • Dr. Heiner Garg (FDP):
    Weil das so scheinheilig ist, lasse ich an dieser Stelle ausnahmsweise keine Zwischenfrage zu.
    (Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Feigling!)
  • Torge Schmidt (PIRATEN):
    Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich in diesem Kontext an dieser Stelle ein besonders schönes Zitat bringen muss, und zwar eines von ver.di-Verhandlungsführer Steffen Kühhirt aus den Demo-Tagen:
    „Die SPD ist in der Arbeitnehmer-Verarsche-Partei angekommen, und da nützt es auch nichts, dass Herr Stegner ab und zu den linken Clown geben darf.“

Aber auch, wenn man gar nichts sagt, kann einem das Wort entzogen werden. So dem Kollegen Uli König, der bemängelte, dass Polizeibeamte bis zu acht Minuten auf eine Internetverbindung warten müssen:

Meine Damen und Herren, 8 Minuten sind sehr lange. Ich möchte Sie an dieser Wartezeit teilhaben lassen und lege jetzt eine Kunstpause ein.
(Birte Pauls [SPD]: Sag mal, willst du uns verarschen? – Zuruf Volker Dornquast [CDU] – Dr. Heiner Garg [FDP]: Ich sitze doch hier jetzt nicht 8 Minuten! – Weitere Zurufe)

Vizepräsident Bernd Heinemann:
Wollen Sie noch etwas sagen, oder ist Ihre Rede zu Ende?

Uli König [PIRATEN]:
Meine Rede läuft noch, Herr Präsident!
(Beate Raudies [SPD]: Nein! – Zurufe)

Vizepräsident Bernd Heinemann:
Aber wir machen hier keinen Schauspielunterricht. Also, wenn Sie jetzt Ihre Rede nicht mehr fortsetzen wollen, dann entziehe ich Ihnen das Wort.
(Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Uli König [PIRATEN]:
Ich möchte die Rede noch fortsetzen.

Vizepräsident Bernd Heinemann:
Ja, dann reden Sie!

Uli König [PIRATEN]:
Das ist Teil meiner Rede.
(Dr. Heiner Garg [FDP]: Ach komm, jetzt hör doch auf mit dem Scheiß!)

Vizepräsident Bernd Heinemann:
Herr Abgeordneter, ich bitte Sie jetzt nachdrücklich, dass Sie Ihre Rede fortsetzen oder abbrechen. Wir machen hier keine Show-Veranstaltung. Es handelt sich hier um das Parlament des Schleswig-Holsteinischen Landtages.

Uli König [PIRATEN]:
Herr Präsident, ich habe noch 1 Minute Redezeit, und ich würde diese gern nutzen.
(Peter Eichstädt [SPD]: Redezeit ist Redezeit, wie das Wort sagt! – Weitere Zurufe)

Vizepräsident Bernd Heinemann:
Herr Abgeordneter, ich entziehe Ihnen das Wort.
(Beifall SPD – Zuruf Uli König [PIRATEN])
– Das müssen Sie dann schriftlich einreichen.

Man sieht, es gibt auch Äußerungen, die interessanterweise keinerlei Konsequenzen hatten:

  • “Sag mal, willst du uns verarschen?” (Birte Pauls, SPD, zu Uli König, PIRATEN)
  • “Auch unter Inkaufnahme eines Ordnungsrufes möchte ich hier erklären, dass der Vorschlag des – Kollege möchte ich nach seinem Auftritt gar nicht mehr sagen – Abgeordneten Dr. Breyer absoluter Bullshit ist und darauf hindeutet, dass der Richter auf Probe von der Strafprozessordnung und von der Strafprozessführung null Ahnung hat.” (Wolfgang Kubicki, FDP)
  • “Sie sind Richter. Der Umgang mit der Wahrheit, den Sie hier an den Tag legen, der lässt mich angst und bange werden, wenn Sie wieder als Richter tätig sind.” (Robert Habeck, Grüne, zu Patrick Breyer, PIRATEN)
  • “Es ist ein Segen, wenn Sie diesem Haus nicht mehr angehören werden, weil Sie – das will ich Ihnen schon einmal sagen – schon auch eine Schande für dieses Haus sind.” (Dr. Ralf Stegner, SPD, zu Patrick Breyer, PIRATEN)

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