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BGH-Verhandlung: Darf die Bundesregierung IP-Adressen von Webseitenbesuchern speichern? | netzpolitik.org [extern]

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Die Bundesregierung will weiterhin IP-Adressen von Besuchern ihrer Webseiten speichern. Ob das rechtmäßig ist, entscheidet jetzt der Bundesgerichtshof. Für den Datenschutz in Deutschland kann der Fall weitreichende Konsequenzen haben.Aus der Datenschutzerklärung des Bundesinnenministeriums.Der Fall „Datenschützer gegen Bundesregierung“ geht weiter: Nach einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) verhandelt morgen der Bundesgerichtshof (BGH), ob die Bundesregierung die IP-Adressen der Besucher ihrer Webseiten auf Vorrat speichern darf.Anlass ist ein Rechtsstreit aus dem Jahr 2008: Der Jurist, Datenschutzaktivist und Piratenpolitiker Patrick Breyer verklagte die Bundesregierung auf Unterlassung der Praxis, seine IP-Adresse beim Surfen auf ihren Webseiten zu speichern. Weil er in einem ersten Fall Erfolg hatte, speichert das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz die IP-Adressen seiner Webseitenbesucher nicht mehr. Der zweite Fall jedoch ging durch mehrere Instanzen. Das Innenministerium argumentierte für die Bundesregierung, dass sie die IP-Adressen speichern muss, um den Betrieb und die Sicherheit der Webseiten zu gewährleisten.Um über den Fall entscheiden zu können, wandte sich der Bundesgerichtshof 2014 in einem Vorabentscheidungsverfahren an den EuGH, um zwei grundsätzliche Fragen zur Auslegung europäischen Rechts beantwortet zu bekommen: Sind dynamische IP-Adressen personenbezogene Daten? Und wenn ja, was heißt das für deren Speicherung durch Webseitenbetreiber?Schwierige AusgangslageWir hatten die Entscheidung des EuGH vom Oktober 2016 und somit die Ausgangslage für die morgige Verhandlung als „ein Schritt vor, zwei zurück“ für den Datenschutz in Deutschland bewertet:Auch wenn der Gerichtshof dem Juristen nun in Teilen Recht gibt, ist die Entscheidung für das Anliegen eines überwachungsfreien Netzes insgesamt ein Rückschlag. Immerhin: Zumindest der seit langem schwelende Streit, ob dynamische IP-Adressen personenbezogene Daten im Sinne des Datenschutzrechts darstellen, ist nun relativ eindeutig entschieden. Laut dem EuGH ist dies nämlich der Fall, wenn ein Seitenbetreiber „über rechtliche Mittel verfügt, die es ihm erlauben, den Nutzer anhand der Zusatzinformationen, über die dessen Internetzugangsanbieter verfügt, bestimmen zu lassen“ [Pressemitteilung, PDF]. Dies ist zumindest in Deutschland klar der Fall, denn Internetzugangsanbieter können hier durch Gerichte verpflichtet werden, Auskunft darüber zu geben, welchem Internetanschlussinhaber sie zu welchem Zeitpunkt eine bestimmte dynamische IP-Adresse zugeordnet hatten [und tun dies auch regelmäßig].Eigentlich würde dies zur Folge haben, dass auch dynamische IP-Adressen entsprechend § 15 Absatz 1 des Telemediengesetzes (TMG) nur dann von Seitenbetreibern gespeichert werden dürfen, wenn dies zu Abrechnungszwecken erforderlich ist oder Nutzer ihre Einwilligung gegeben haben. Als Antwort auf die zweite Vorlagefrage wertete der EuGH genau diese Regelung aber als europarechtswidrig und somit ungültig. Die europäische Datenschutzrichtlinie, die noch bis 2018 gültig ist, sieht in Artikel 7 nämlich vor, dass es für das Speichern und Verarbeiten personenbezogener Daten eine Abwägung zwischen dem berechtigten Interesse eines Diensteanbieters und den Grundfreiheiten und -rechten eines Nutzers geben muss. Die enge Auslegung des TMG schränke diesen Grundsatz zu sehr ein.Der BGH wird also abwägen müssen, ob Sicherheitsargumente von Seitenbetreibern oder die Privatsphäre von Verbrauchern stärker wiegen. Auch wenn Breyer ein Gutachten des Landgerichts Berlin auf seiner Seite hat, das feststellte, dass die Speicherung von IP-Adressen für die Gewährleistung der Sicherheit von Webseiten nicht notwendig ist: Der EuGH stellte explizit klar, dass die Abwehr von „Cyberattacken“ als berechtigtes Interesse von Seitenbetreibern gelten kann, die IP-Adressen auf Vorrat zu speichern.Entscheidet das Gericht gegen die Speicherung, müssten womöglich auch private Seitenbetreiber und Unternehmen die weit verbreitete Speicherung von IP-Adressen einschränken. Die Verhandlung beginnt um 10 Uhr. Ob morgen bereits mit einer Entscheidung des Gerichts zu rechnen ist, steht noch nicht fest. Tags: Bestandsdaten, Bestandsdatenabfrage, Bundesgerichtshof, EuGH, Europäischer Gerichtshof, IP-Adresse, IP-Adressen, Patrick Breyer, personenbezogene daten, Piraten, Tracking, ÜberwachungLet’s block ads! (Why?)

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