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Digitalisierung im Gesundheitswesen: EU plant Zwangs-elektronische Patientenakte für alle

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Eine Woche vor der Abstimmung im Europäischen Parlament über den von der EU geplanten „Europäischen Raum für Gesundheitsdaten“ (EHDS) am 28. November weist der Europaabgeordnete Dr. Patrick Breyer von der Piratenpartei darauf hin, dass die deutschen Reformpläne durch die EU-Vorgaben zur Makulatur zu werden drohen. Während die Bundesregierung die elektronische Patientenakte (ePA) für diejenigen Bürger einführen will, die dem nicht widersprechen, plant die EU eine Zwangs-ePA für alle, ohne jedes Widerspruchsrecht. Das Europäische Parlament will sich nächste Woche entsprechend positionieren und damit einem Gesetzentwurf der EU-Kommission folgen. Auch die EU-Regierungen wollen ausweislich des letzten Verhandlungsstandes eine Zwangs-ePA für alle ohne jedes Widerspruchsrecht einführen. Beschlossen werden könnte dies bereits am 6. Dezember im sog. COREPER-Ausschuss. Sollte die Zwangs-ePA EU-Gesetz werden, würde auch Deutschland das umsetzen müssen. Patienten könnten dann nur noch Datenabfragen einschränken, nicht mehr aber die elektronische Sammlung von Zusammenfassungen jeder ärztlichen Behandlung verhindern. Die Position der Bundesregierung ist nicht bekannt.

„Die von der EU geplante Zwangs-elektronische Patientenakte mit europaweiter Zugriffsmöglichkeit zieht unverantwortliche Risiken eines Diebstahls oder Verlustes persönlichster Behandlungsdaten nach sich und droht Patienten jeder Kontrolle über die Digitalisierung ihrer Gesundheitsdaten zu berauben“, kritisiert Dr. Patrick Breyer, Europaabgeordneter der Piratenpartei und Verhandlungsführer der Fraktion Grüne/Europäische Freie Allianz im Innenausschuss des EU-Parlaments. „Haben wir nichts aus den internationalen Hackerangriffen auf Krankenhäuser und andere Gesundheitsdaten gelernt? Wenn jede psychische Krankheit, Suchttherapie, jede Potenzschwäche und alle Schwangerschaftsabbrüche zwangserfasst werden, drohen besorgte Patienten von dringender medizinischer Behandlung abgeschreckt zu werden – das kann Menschen krank machen! Deutschland müsste längst auf den Barrikaden stehen gegen diese drohende Entmündigung der Bürger und Aushebelung des geplanten Widerspruchsrechts – aber bisher herrscht nichts als ohrenbetäubendes Schweigen.“

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung betont: „Im Rahmen ihrer Patientensouveränität und als Ausdruck ihres Selbstbestimmungsrechts steht es den Versicherten frei, die Bereitstellung der elektronischen Patientenakte abzulehnen.“ Im EU-Parlament gibt es bisher jedoch keine Mehrheit dafür, Patienten ein Widerspruchsrecht zu geben. Am 28. November sollen die zuständigen Ausschüsse die Parlamentsposition festlegen. Im Dezember soll das Plenum abstimmen und kann letzte Änderungen vornehmen. Sollte die Zwangs-ePA im weiteren Verlauf EU-Gesetz werden, müsste auch Deutschland das geplante Widerspruchsrecht streichen. Eine Umfrage der Europäischen Verbraucherzentralen (BEUC) hat ergeben, dass 44% der Bürger Sorgen vor Diebstahl ihrer Gesundheitsdaten haben; 40% befürchten unbefugte Datenzugriffe.