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EU-Parlament: Startschuss für Verhandlungen wegen Uploadfiltern | tarnkappe.info [extern]

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Laut Mitteilung findet am Donnerstag, den 17. Oktober die erste Verhandlungsrunde über eine Verordnung gegen terroristische Inhalte im Internet statt. Den Startschuss zur Verhandlungsaufnahme gab heute das Europäische Parlament. Der Termin steht gleichzeitig für die letzte Möglichkeit, Änderungen vorzunehmen, bevor die Verordnung verabschiedet wird.

Triolog-Verhandlungen plädieren für  freie Meinungsäußerung
Nachdem Staats- und Regierungschefs im Juni 2018 neue Vorschriften forderten, um einer Radikalisierung im Internet entgegenzuwirken, legte die Europäische Kommission im September 2018 ihren Vorschlag für eine Verordnung vor. Im Dezember 2018 erzielte der Rat eine politische Einigung zum Thema, im März 2019 unterstützte das Europäische Parlament den Verordnungsentwurf. Nun hat der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten des Europäischen Parlaments empfohlen, die Triolog-Verhandlungen zur “Verhinderung der Verbreitung terroristischer Inhalte im Internet” aufzunehmen, die u.a. auch die umstrittene Einführung von Uploadfiltern zum Inhalt haben. Im Mittelpunkt der Trilog-Verhandlungen wird eine Verteidigung der Änderungen des Parlaments zum Schutz der freien Meinungsäußerung im Internet stehen.

Europäisches Parlament benutzt die Terror-Keule
Online-Plattformen, wie Facebook, Twitter, YouTube, Filesharing-, Cloud- und Speicherdienste, werden durch die neue Verordnung verpflichtet, terroristische Inhalte bereits innerhalb einer Stunde nach Erhalt einer entsprechenden Anordnung durch die nationalen Behörden zu entfernen. Man geht davon aus, dass terroristische Inhalte gerade in den ersten Stunden ihrer Veröffentlichung eine rasche Verbreitung finden. Dem will man durch diese Maßnahme entgegenwirken. Unternehmen, die der Verpflichtung nicht nachkommen, müssen mit Sanktionen in Höhe von bis zu vier Prozent ihres erwirtschafteten weltweiten Jahresumsatzes rechnen.
Upload-Filter als Grab der Meinungsfreiheit
An dieser Stelle erwog man einen Einsatz von Upload-Filtern. Durch deren Anwendung wäre es möglich, Inhalte bereits beim Hochladen zu prüfen. Eine maschinelle Datenverarbeitung soll eine inhaltliche Prüfung durch Menschen ersetzen. Kritiker befürchten, dass dabei auch Daten in den Maschen der Filter landen könnten, wie z.B. Zitate oder Parodien, die keine terroristischen Inhalte wären. Das jedoch würde zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit im Internet führen. Aus diesen Gründen sollte nach Ansicht des Parlaments keine Verpflichtung zur Verwendung von Filtern oder automatischen Werkzeugen bestehen.
Der Datenschutzexperte der Piratenpartei, Patrick Breyer, nimmt aktuell zu dieser Streitfrage Stellung. Sein Kommentar lautet:
„Automatisierte Upload- Filter gefährden die Meinungsfreiheit im Netz und müssen verhindert werden. Mit dem Terrorismus droht ein weiterer Anwendungsfall geschaffen zuwerden, dem viele weitere folgen könnten. Ich warne vor überzogenen Erwartungen an die Löschung von Inhalten im Netz. Ich halte es für ausgeschlossen, dass die geplante Verordnung auch nur einen Anschlag verhindern könnte. Schon heute löschen die Betreiber sozialer Medien einen Großteil der ihnen gemeldeten terroristische Propaganda. Terroristische Netzwerke weichen zunehmend von sozialen Medien auf verschlüsselte Kommunikationskanäle und Foren aus, die ohnehin für europäische Behörden nicht zu greifen sind. „
Bedenken bleiben: Verordnung wird keinen Terrorismus verhindern
Trotz der vom Europäischen Parlament vorgenommenen Verbesserungen bezweifelt Breyer,  „dass diese Verordnung Terrorismus wirksam verhindern wird. Selbst wenn terroristische Inhalte zu mehr Terrorismus führen sollten (was fraglich ist), sind Sperranordnungen zu leicht zu umgehen. Es kann davon ausgegangen werden, dass die traditionellen Plattformen bei Erhalt von Anordnungen nur eine lokal begrenzte Sperrung vornehmen. Die Verordnung verpflichtet sie nicht, “terroristische Inhalte” tatsächlich zu löschen, sondern nur, sie für EU-Nutzer zu sperren. Es ist technisch einfach, ein solches Geo-Blocking zu umgehen, zum Beispiel durch Nutzung ausländischer Proxy-Server. Zudem wechseln terroristische Gruppen zunehmend von den traditionellen Plattformen zu verschlüsselten privaten Kommunikationskanälen oder alternativen Plattformen, die europäischen Löschanordnungen nicht nachkommen. Die Verbreitung terroristischer Propaganda wird daher durch diese Verordnung kaum eingedämmt werden.“

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