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Thema im Rechtsausschuss: Diskussion in SH: Darf Opas Urne bald auf den Kamin? | shz.de [extern]

Freiheit, Demokratie und Transparenz Presseberichte

Vor der heutigen Debatte im Innen- und Rechtsausschuss des Landtages haben die Regierungsfraktionen beschlossen, dass ihre Mitglieder nur nach ihrem Gewissen abstimmen sollen, „weil sich in der Beratung herausstellte, dass für viele Abgeordnete religiöse und ethische Aspekte bedeutsam waren“, sagt der SPD-Abgeordnete, Peter Eichstädt, „In solchen Fällen ist vereinbart Abstimmungen frei zu geben, ähnlich der Abstimmungen über das Karfreitags-Tanzverbot oder den Gottesbezug in der Verfassung.“ Die anderen Fraktionen wollen disziplinarisch abstimmen, außer den Piraten, die keinen Fraktionszwang kennen und die die Initiative angestoßen haben.

„Jeder soll selbst bestimmen können, was mit seinen sterblichen Überresten geschieht“, sagt Piraten-Fraktionschef Patrick Breyer. Im Landtag war seine Fraktion mit seinem Vorstoß im März nicht weitergekommen, jetzt sollte der Ausschuss beraten, wird die Vorlage aber wohl ohne Empfehlung an das Parlament zurücküberweisen.
Nach Breyers Vorstellungen soll es möglich sein, die Asche zu verstreuen oder sie in einer Urne zu Hause zu verwahren – zumindest für zwei Jahre. Danach müssen die Nachkommen, die die Asche aufbewahren, einen Bestattungsnachweis erbringen. Allerdings sieht der Piratenantrag auch vor, dass es keine Pflicht zur Bestattung gibt, wenn die Asche „verloren gegangen ist“.
Union sorgt sich um die Totenruhe
„Für die CDU endet die Menschenwürde nicht mit dem Tod. Sie ist auch nicht vererbbar. Ich möchte nicht, dass am Ende geschiedene Ehepartner entscheiden, was mit der Asche eines Verstobenen passiert“, sagt Innenpolitikerin Petra Nicolaisen. Die FDP sieht das etwas anders: „Die Form der Bestattung sollte möglichst weitgehend der Entscheidungsfreiheit desjenigen, der bestattet werden soll, unterliegen“, sagt die Abgeordnete Anita Klahn. Vor einer Entscheidung solle genau geprüft werden, welcher Aufwand für die Kommunen durch etwaige Genehmigungsverfahren und Kontrollpflichten entsteht.
In den vielen Stellungnahmen, die der Ausschuss zum Gesetzentwurf eingeholt hat, wird genau das problematisiert. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände bezeichnet den Entwurf als „Revolution für das Bestattungswesen. Eine erforderliche Sicherung der neuen Bestattungsart gegen Missbrauch erfordert zahlreiche Kontrollen, zu denen die Kommunen derzeit personell und finanziell außer Stande sind“.
Auch Kirchen und Steinmetze lehnen den Entwurf ab, befürwortet wird er jedoch von Verbraucherzentrale, unabhängigen Bestattern und muslimischen Verbänden. In Bremen, wo bereits ein liberales Bestattungsrecht gilt, ist die Nachfrage bislang äußerst gering, was Breyer nicht anficht: „Jeder soll die Wahlmöglichkeit haben.“
Ob die Piraten nun eine Mehrheit finden, bliebt unklar. Bei den Grünen gibt es „keine vollständig einheitliche Position“, sagt der Abgeordnete Detlef Matthiessen. SPD-Mann Eichstädt will jedenfalls dagegen stimmen und sagt: „Außerdem habe ich die Einschätzung, dass eine Reihe von Abgeordneten der Fraktion meine ablehnende Haltung teilen.“
Kay Müller kommentiert: „Ich bestimme über meine Asche!“
Der Friedhof ist out. Man mag das betrauern, aber es ist eine Tatsache, dass immer mehr Menschen alternative letzte Ruhestätten suchen. Und weil diejenigen, die doch auf einem Friedhof beerdigt werden wollen, meist eine im Vergleich zu einer Erdbestattung günstigere Feuerbestattung wählen, werden die Friedhöfe immer leerer.
Da kann man verstehen, wenn die Betreiber der Friedhöfe, Steinmetze und Gärtner Angst um ihre Einkünfte haben, und gegen eine Reform des Bestattungsgesetzes im Norden sind. Und natürlich gehören vor allem ältere Friedhöfe mittlerweile zu Kulturlandschaften, die man erhalten sollte.
Doch in erster Linie geht es um die Menschen, die entscheiden wollen, was mit ihren sterblichen Überresten geschehen soll. Ob seine persönliche Würde nach seinem Tod auch gewahrt bleibt, wenn seine Asche bei den Hinterbliebenen im Wohnzimmerschrank steht, muss jeder selber wissen. Und dass die Nachkommen mit der Asche nicht das anstellen könnten, was der Verstorbene bestimmt hat, das gehört zu den persönlichen Risiken jedes Einzelnen. Schon jetzt gibt es ja auch Gräber, die nicht gepflegt werden.
Richtig ist, dass es Hinterbliebenen erleichtert, wenn sie einen Ort für ihre Trauer haben. Ob es den gibt, wie der aussieht und wo der ist, sollte aber jeder selbst entscheiden können. Es muss nicht unbedingt ein Friedhof sein. Schon jetzt trauern viele Menschen um ihre verstorbenen Angehörigen lieber an einem Ort, an dem derjenige gern war oder vor einem Foto oder eben zu Hause.
Und wer auf dem Friedhof bestattet werden will, kann das ja auch tun. Ich für meinen Fall sage aber: Meine Asche gehört mir, und ich möchte bestimmen, wo sie einmal landet.

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von Kay Müllererstellt am 11.Jan.2017 | 13:16 Uhr
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