Change language: Deutsch
Teilen:

Nackt im Netz durch Surfprotokollierung? Dienstag entscheidet der Bundesgerichtshof

Freiheit, Demokratie und Transparenz Juristisches

Im Grundsatz-Rechtsstreit des PIRATEN-Abgeordneten Patrick Breyer gegen die Vorratsspeicherung der Internetnutzung (auch Surfprotokollierung oder Internet-Tracking genannt) will der Bundesgerichtshof am Dienstag, den 16. Mai 2017 eine Entscheidung fällen (Az. VI ZR 135/13).[1]

„Die von Bundesinnenminister Thomas de Maizière praktizierte totale Surfprotokollierung macht uns alle nackt im Netz. Ich hoffe auf ein abschließendes Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs, das Surfer vor einer permanenten Ausspähung, Aufzeichnung und Nachverfolgung ihrer Internetnutzung schützt. Es muss aufhören, dass Behörden und Konzerne permanent die Internetnutzung von Millionen unbescholtener Surfer verfolgen und aufzeichnen – das grenzt an Stalking“, kommentiert Breyer, Datenschutzexperte der Piratenpartei Deutschland, das anstehende Urteil.

„Es ist gut, dass sich der Bundesgerichtshof die Zeit genommen hat, um zum Beispiel das EuGH-Urteil zur Unverhältnismäßigkeit einer flächendeckenden Vorratsdatenspeicherung von Personen, die nichts mit Straftaten zu tun haben, noch einmal genau zu prüfen. Sicherlich hat der Bundesgerichtshof auch das gerichtliche Sachverständigengutachten noch einmal nachgelesen, demzufolge ‘für die Absicherung von IT-Systemen eine Vielzahl von anderen, wesentlich effektiveren Mitteln und Methoden’ existieren.[2] Angriffe durch Mitschreiben abwehren zu wollen, ist ungefähr so sinnvoll, wie wenn man zum Brandschutz eine Überwachungskamera aufhängen wollte.

Was wir im Netz lesen, schreiben und wonach wir suchen, spiegelt unsere privatesten und intimsten Interessen, Überzeugungen, Vorlieben und Schwächen wider. In den falschen Händen kann solches Wissen höchste Amtsträger erpressbar machen. Damit sich Menschen in Not, etwa bei Drogen- oder Eheproblemen, unbefangen informieren und beraten lassen können, damit Journalisten beispielsweise im terroristischen Umfeld recherchieren und Whistleblower Missstände aufdecken können – dazu braucht unsere Gesellschaft Anonymität. Unser Leben wird immer digitaler, aber es darf damit nicht immer gläserner werden!“

Zum Schutz der Privatsphäre beim Surfen empfiehlt Breyer die Nutzung eines Anonymisierungsdienstes. Und damit Privatpersonen auch ohne tiefergehende IT-Kenntnisse rechtssichere Webauftritte betreiben können, nennt die Aktion „Wir speichern nicht!“[3] Webhoster, die auf eine Protokollierung von IP-Adressen verzichten.

Quellen:

[1] Prozessdokumentation
[2] Sachverständigengutachten (Seite 10)
[3] Wir speichern nicht!

Kommentare

5 Kommentare
  • Patrick Breyer

    Nackt im Netz durch Surfprotokollierung? Dienstag entscheidet der Bundesgerichtshof http://www.patrick-breyer.de/?p=571060

  • zettberlin

    Das Internetprotokoll sieht vor, dass der Webserver auf jeden Fall die Adresse der gegenstelle haben muss, um die gewünschten Daten ausliefern zu können.
    Damit *ist* die IP gespeichert, an welcher Stelle soll also so ein “wir speichern nicht” in der Wirklichkeit ansetzen?
    Wenn Apache sein Logfile schreibt?
    Oder schon, wenn systemd die Anfrage an Port 80 registriert?
    Wie ist das bei DDOS Attacken? Wie soll ein Webserver darauf reagieren, wenn einige Hundert Anfragen von der gleichen IP in einer Minute einlaufen, wenn er die IP nicht speichern darf?
    Wie soll ein Webserver die Zahl der gleichzeitigen Zugriffe von einer einzelnen IP begrenzen?

Kommentar schreiben:

Alle Angaben sind freiwillig. Die Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.