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Eckpunktepapier für eine eigenverwaltete Justiz in Schleswig-Holstein [ergänzt]

Freiheit, Demokratie und Transparenz Juristisches Landtag

Eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern der schleswig-holsteinischen Justiz hat ein “vorläufiges Eckpunktepapier für eine Strukturreform der Justiz des Landes Schleswig-Holstein” vorgelegt und stellt es zur Diskussion. Es sieht folgendes vor:

  1. Es soll zunächst ein – möglichst gesetzlich legitimierter – Beirat für Justizangelegenheiten gebildet werden, bestehend aus Vertretern der Justiz. Der Beirat könnte Stellungnahmen zum Justizhaushalt und zu Justizverwaltungsthemen abgeben.
  2. Mittelfristig soll eine vollständig eigenverwaltete Justiz aufgebaut werden. Dazu soll es eine Grundlage in der Landesverfassung geben. Ein Landesjustizrat soll die Zuständigkeiten für Justizverwaltung und Dienstaufsicht, die Erstellung eines Voranschlages für einen Haushalts-Einzelplan der Gerichte und Staatsanwaltschaften, den Haushaltsvollzug, die Einstellung von Richterinnen und Richtern auf Probe und Stellungnahmen zu justizbezogenen Rechtsetzungsvorhaben übernehmen. Zur Besetzung des Landesjustizrats soll die Justiz zunächst Vorschlagslisten bestehend aus Mitgliedern der Justiz wählen, die endgültige Wahl aus den Listen soll dann der Landtag treffen.

Ich persönlich kann die Überlegungen nur begrüßen und unterstützen. Eine unabhängige Justiz sollte nicht politisch verwaltet werden. Um die Qualität der Rechtsprechung sicherzustellen, müssen sachfremde Abhängigkeiten von der Exekutive verlässlich ausgeschlossen werden. In der Fraktion haben wir die Vorschläge der Arbeitsgruppe noch nicht beraten. Die Piratenfraktion bringt diese Woche jedoch einen Antrag zur Beratung im Landtag ein, der eine “Abschaffung des Weisungsrechts der Justizministerinnen und Justizminister gegenüber den Staatsanwaltschaften” und die “Ermöglichung einer selbstverwalteten Justiz auch im Bereich der Staatsanwaltschaften” fordert.
Das Eckpunktepapier im Volltext (pdf)
Ergänzung vom 29.01.2014:
Das Justizministerium erläutert das Eckpunktepapier wie folgt:

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
liebe Justizangehörige,
wie an dieser Stelle am 23. Mai 2013 berichtet, wurde unter der Moderation des Ministeriums für Justiz, Kultur und Europa aus der Justiz heraus eine Arbeitsgruppe zum Thema „Autonomie der Justiz“ eingesetzt. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein Modell zur Stärkung der Selbstverwaltung der Justiz Schleswig-Holsteins zu entwickeln. Dahinter steht das Anliegen, dass die Justiz zu einer gleichberechtigten Staatsgewalt heranwächst und nicht mehr der Verwaltung durch eine andere Gewalt, die Exekutive, unterliegt. Vielmehr soll die Justiz über ihre Angelegenheiten und Belange eigenverantwortlich und unabhängig entscheiden und diese unmittelbar dem Parlament gegenüber als erstem Repräsentanten des Souveräns vertreten können.
Auf diesem Wege würde die demokratische Ordnung im gewaltengeteilten Staat weiter gestärkt. Indem wir Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung dort konzentrieren, wo Rechtsprechung gemacht wird und wo im Sinne der Rechtsprechung gearbeitet wird, nämlich vor Ort, in den Gerichten und Staatsanwaltschaften, schaffen wir mehr Eigenverantwortung nach innen und stärken nach außen das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Unabhängigkeit ihrer Justiz.
Auf ihrer letzten Sitzung am 20. Januar 2014 hat die Arbeitsgruppe hierzu ein Eckpunktepapier verabschiedet, dass Sie hier im Anhang schon einmal nachlesen können. Das darin entwickelte Konzept beschreibt, wie eine Neuorganisation der Justiz des Landes aussehen und wie der Reformprozess Schritt für Schritt gestaltet werden könnte.
Dieses Konzept möchte die Arbeitsgruppe Ihnen, den Trägern der rechtsprechenden Gewalt und Repräsentanten der Justiz vorstellen und mit Ihnen diskutieren.
Zu diesem Zweck sind in der Zeit von Mitte März bis Mitte April 2014 vier Regionalkonferenzen (in den Landgerichtsbezirken) geplant, zu denen Sie jetzt schon herzlich eingeladen sind. Die genauen Termine und Orte werden noch bekanntgegeben.
Parallel dazu muss das Konzept auch in der Politik zur Diskussion gestellt werden.
Zum einen wird das Thema „Stärkung der Selbstverwaltung der Justiz“ im „Sonderausschuss Verfassungsreform“ behandelt. Der Ausschuss hatte – entgegen ursprünglicher Planung – bereits am 2. Dezember 2013 vom Justizministerium einen mündlichen Bericht erbeten. Um den laufenden Verfassungsreformprozess nicht ungenutzt zu lassen, hat der Staatssekretär Herr Schmidt-Elsaeßer dem Ausschuss in Abstimmung mit der Arbeitsgruppe vorgeschlagen, zunächst nur eine Staatszielbestimmung in die Verfassung aufzunehmen (s. S. 15 des Eckpunktepapiers). Der Ausschuss holt derzeit weitere Stellungnahmen ein und wird sich aller Voraussicht nach am 24. Februar noch einmal mit dem Thema befassen, um dann auf einer Klausur im März 2014 zu einer endgültigen Stellungnahme zu kommen.
Eine erste Information der rechtspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen und des SSW im Landtag hatte, wie berichtet, schon im März 2013 stattgefunden. Mit Fertigstellung des Eckpunktepapiers ist dieser Gesprächsfaden jetzt wieder aufgenommen worden. Auch hier wird sich die Arbeitsgruppe den Fragen aus den Reihen des Parlaments gern stellen.
Mit freundlichen Grüßen

– für die Arbeitsgruppe –

Ergänzung vom 10.02.2014: Inzwischen hat auch der Landtag das Eckpunktepapier veröffentlicht.
Hier findet ihr auch das Protokoll über die Vorstellung des Eckpunktepapieres Autonomie der Justiz.
Ergänzung vom 25.03.2014: Schreiben des Staatssekretärs Dr. Schmidt-Elsaeßer zum Umgang mit dem Eckpunktepapier in Regionalkonferenzen.
Ergänzung vom 30.04.2013: Richterverband plant keine Regionalkonferenzen, sieht vorläufiges “Aus” des Prozesses (Mitteilung vom 06.03.2014)

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