Das Kreuz mit der Hürde
Wieder einmal kam die Forderung nach der Wiedereinführung einer Sperrklausel bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein auf. Dieses Mal wurde sie durch den Lübecker Bürgermeister und Präsidenten des Städtetages, Bernd Saxe, gestellt. Saxe sieht insbesondere in seiner Stadt eine Zerfaserung der Politik mit aktuell 8 Fraktionen in der Lübecker Bürgerschaft. Diese Fraktionen sind SPD, CDU, GAL, Grüne, BfL, FDP, Freie Wähler & Die Linke und die PARTEI-PIRATEN. Da die Lübecker Bürgerschaft 49 Sitze hat reichen somit 25 Sitze für eine Mehrheit. SPD und CDU besitzen aktuell jeweils 16 Sitze. Die GAL ist eine vor kurzem entstandene Abspaltung der Grünen und Linken mit 5 Sitzen. Die Grünen haben damit noch 4 Sitze. Die übrigen Fraktionen haben jeweils 2 Sitze und erfüllen damit das Minimum für eine Fraktionsgründung.
Bei einer 4%-Hürde, wie von Saxe gefordert, würde sich die Lübecker Bürgerschaft nur noch aus SPD, CDU, GAL, Grünen und BfL zusammensetzen. Auch wenn diese Fraktionen dann jeweils mehr Sitze als in der aktuellen Zusammenstellung hätten, so ergeben sich daraus nicht unbedingt klare Mehrheiten. Dazu haben auch diese Fraktionen zu diversen Themen bisher zu unterschiedliche Meinungen gehabt. Alles was damit erreicht wird ist, dass auch in Zukunft kein Wettbewerb um die politisch beste Lösung stattfindet, sondern nur die Interessen von 2-3 Parteien entscheidend sind und der Bürger im besten Fall Zaungast bei vielen Entscheidungen bleibt.
So viel Gegenwind ertragen und so viel Mühe aufwenden wie aktuell mussten weder Bürgermeister, noch die bisher dominierende SPD-Fraktion, um ihre Positionen durchzusetzen. Oftmals sind sie sogar gescheitert, weil sie nicht in der Lage waren, eine Mehrheit für ihre Vorschläge zu gewinnen. Dabei lag dies nicht unbedingt an der Profilierungsssucht der einzelnen Fraktionen. Viele der Fraktionen in der Lübecker Bürgerschaft haben klare Schwerpunkte in ihrer Arbeit, die nicht unbedingt von SPD und CDU abgedeckt werden und somit ansonsten in der Bürgerschaft überhaupt nicht berücksichtigt werden würden. Gerade dort ist eine Profilierung dieser Fraktionen eher wünschenswert und schadet nicht der Entscheidungsfindung. Besser wäre es auf diese Schwerpunkte einzugehen und diese bei eigenen Vorschlägen zu berücksichtigen – dann gestaltet sich die Mehrheitsfindung in Zukunft wesentlich leichter und die Lösungen werden weitsichtiger und vielschichtiger.
Was in Lübeck vorgeht, lässt sich aber ebenso auf alle anderen Kommunalparlamente im Land übertragen – zumindest legt dies eine kleine Anfrage von Dr. Patrick Breyer nahe, in der die Landesregierung gefragt wird: „Liegen der Landesregierung Erkenntnisse dafür vor, dass wegen des Einzugs von Einzelmandatsträgern die Beratungs- und Entscheidungsabläufe in den kommunalen Vertretungen im Land maßgeblich beeinträchtigt sind?“ Die Antwort der Landesregierung darauf lautet: „Nein.“ Damit bleibt insbesondere in den Städten noch das Kostenargument.
In Lübeck erhält eine Fraktion Anspruch auf ein Büro, eine Bürokraft und Fraktionsgelder für Veranstaltungen und Werbung. Vor allem aber gibt es dann die Möglichkeit bürgerliche Mitglieder mit Stimmrecht in die Ausschüsse zu berufen. Viele Einzelabgeordnete schließen sich daher zu Fraktionen zusammen, um eben Hilfe bei der Vielzahl von Ausschüssen zu bekommen. Diesem Trend könnte man entgegenwirken, in dem man Einzelabgeordneten ein gemeinsames Büro und eine gemeinsame Bürokraft für ihre Arbeit zur Verfügung stellt. Außerdem sollten sie ebenso wie Fraktionen bürgerliche Mitglieder in Ausschüsse berufen dürfen, um nicht in Arbeit zu ersticken und die Chance zu haben, sich fachlich ausreichend mit anstehenden Entscheidungen zu beschäftigen.
Am Ende dürfen wir nicht vergessen, dass Kommunalpolitiker ihrem Amt ehrenamtlich nachgehen und noch andere Verpflichtungen haben. Vorausgesetzt, wir wollen jedem die Chance auf so ein Amt ermöglichen und es nicht nur bestimmten Personenkreisen vorbehalten.
Informationen zum Thema:
[1] Artikel des SHZ zur Forderung von Bernd Saxe – http://www.shz.de/deutschland-welt/politik/warum-ein-buergermeister-die-vier-prozent-huerde-bei-kommunalwahlen-fordert-id13717296.html
[2] Kleine Anfrage der Piratenfraktion: Einzelmandatsträger in Kommunalvertretungen – http://www.piratenfraktion-sh.de/wp-content/uploads/2016/05/drucksache-18-3805.pdf
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