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Die Justiz braucht ihre eigene Informationstechnik!

Freiheit, Demokratie und Transparenz Juristisches Landtag

Letzte Woche habe ich kritisiert, dass 2013 durchschnittlich an jedem siebten Arbeitstag die eine oder andere bei Dataport gehostete Justizanwendung nicht ordnungsgemäß benutzt werden konnte, was den Geschäftsbetrieb sehr erschwert oder die Justiz in den betroffenen Bereichen ganz lahmlegt.
In einer Stellungnahme weist Dataport die Kritik nun zurück: Die vereinbarte Verfügbarkeit zu 99% der Zeit werde mehr als erfüllt, die Bevorzugung anderer Supportanfragen lasse sich nicht nachvollziehen und ich hätte Dataport in “Misskredit” gebracht.
Meine Stellungnahme dazu:
Zur Sicherung ihrer Unabhängigkeit muss die Justiz ihre eigene IT betreiben, dabei bleibe ich. Dadurch kann auch ausgeschlossen werden, dass der Behebung justizfremder IT-Störungen Vorrang eingeräumt wird, während die Justiz ihren Aufgaben nicht nachkommen kann. Hinsichtlich des Erfahrungsberichts, auf den ich mich dabei beziehe, werde ich die Identität meines Informanten natürlich nicht ohne ihr/sein Einverständnis preisgeben.
Es gibt keinen Beleg dafür, dass Dataport eine bessere Leistung erbringe als ein kleineres justizeigenes Datenzentrum, wie es etwa in Niedersachsen existiert. Entsprechende Vergleichswerte sind mir nicht bekannt. Das Justizministerium sollte in Niedersachsen nachfragen, um einen Vergleich anstellen zu können.
Dass sich die vielfachen Störungen im Jahr 2013 der bei Dataport gehosteten Justiz-Anwendungen im Rahmen des Vertrags halten mögen, mag sein, ändert aber nichts an meiner Bewertung. Meine Kritik richtet sich nicht an Dataport, sondern an das Justizministerium. Dieses treibt eine gewaltenverschränkende IT-Zentralisierung voran, ohne Alternativen ausreichend und ergebnisoffen zu prüfen.
Was passiert eigentlich bei Rechtsstreitigkeiten gegen Dataport, wenn justizinterne Verfahrensdaten dort gespeichert werden? Ich möchte nicht, dass die Justiz-IT in den Händen eines potenziell Verfahrensbeteiligten liegt.
Am Mittwoch wird die Justizministerin auf meinen Antrag dem Innen- und Rechtsausschuss über das von ihr geplante Justiz-IT-Gesetz berichten.

Kommentare

7 Kommentare
  • Justizmitarbeiter

    Wer seine Verfahrensdaten nicht in die Hände eines potenziellen Verfahrensbeteiligten legen will, hat ein Problem.
    Was passiert eigentlich bei Rechtsstreitigkeiten an denen Mitarbeiter eines justizeigenen Rechenzentrums beteiligt sind ? Was passiert eigentlich bei Rechtsstreitigkeiten an denen Mitarbeiter der für das Gericht tätigen Reinigungsfirma beteiligt sind ? Was bei Rechtsstreitigkeiten der GMSH und ihrer Mitarbeiter, die Zugang zu allen Räumen der Justiz haben ?
    Wer befürchtet, ein IT-Dienstleister könnte durch unzulässige Datenbankzugriffe eigene Verfahren in ihrem Ausgang beeinflussen, macht sich falsche Vorstellungen vom Betrieb einer Fachanwendung, ihrem Einsatz in der Justiz und dem Funktionieren der Justiz an sich. Da wäre es womöglich angebracht, sich etwas objektiver zu informieren.

    • Patrick Breyer

      Danke für Ihre Rückmeldung. Sie haben Recht, dass Missbrauch nie ganz zu verhindern sein wird. Die Justiz kann das Missbrauchsrisiko bei einer eigenen Datenverarbeitung aber deutlich besser kontrollieren als wenn die Datenverarbeitung bei einem justizfremden Rechenzentrum erfolgt.
      Hinzu kommt, dass Missbrauch der bei Dataport gelagerten Daten bloß softwaremäßig durch ein “Berechtigungskonzept” entgegen gewirkt werden soll. Eine Verschlüsselung, die misbräuchlichen Zugriff auch technisch ausschlösse, erfolgt meines Wissens nicht.

  • Justizmitarbeiter

    Die These, dass das Missbrauchsrisiko bei einem externen Dienstleister größer ist, zieht zur, wenn man allein auf den Schutz von Beteiligtendaten vor diesem diesem externen Dienstleister abstellt.
    Man muss sich doch aber fragen, ob nicht ganz andere Missbrauchsszenarien viel realistischer sind und nicht unter dem Strich die Daten aus Sicht des Bürgers und der Justiz extern besser verwahrt sind ?
    Wer betreibt denn die IT ansonsten ? Die Justiz (wer auch immer das konkret sein sollte) ? Nein, das Justizministerium.
    Und wer hat wohl ein größeres Interesse in Verfahrensdaten herumzustöbern oder gar den Gang von Verfahren zu beeinflussen, der Vorstand von dataport oder der Justizminister ? Wer würde sich lieber Bearbeitungszeitstatistiken von Justizmitarbeitern unter Umgehung der Mitbestimmungsorgane vorlegen lassen, der Vorstand von dataport oder der Gerichtspräsident ?
    Hier alleine mit dem fiktiven Verfahren dataport ./. xy zu argumentieren greift etwas zu kurz.

    • Patrick Breyer

      Hallo,
      zurzeit betreibt die Justiz ihre IT weitgehend dezentral, so dass auch das Ministerium keinen Zugriff hat. Das müsste natürlich auch im Fall eines Justizrechenzentrums sichergestellt sein.

  • IT Mitarbeiter

    Hallo Herr Breyer,
    Sie argumentieren hier sehr emotional und spielen mit fiktiven Ängsten.
    Die Piraten Partei steht doch für eine moderne Ausrichtung der Verwaltung. Dann wäre doch auch Ihnen eigentlich klar, welchen Anforderungen ein “kleines” Rechenzentrum gewachsen sein muss. Ein zentrales Rechenzentrum bündelt sicherheitsrelevantes Know-How.
    Und um auf Ihre Weise zu argumentieren: Als promovierter Mensch sollten Sie wissen, wie Statitiken für Auswertungen und Vergleiche erstellt werden.

    • Patrick Breyer

      Hallo,
      danke für Ihren Hinweis. Man könnte ja auch die Justizrechenzentren mehrerer Länder bündeln. In Niedersachsen gibt es ein Justizrechenzentrum, und Mängel dort sind mir nicht bekannt.

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