ePrivacy-Verordnung
Der Kampf um die digitale Privatsphäre geht weiter

Wegen der sehr hohen Sensibilität persönlicher Kommunikations-, Bewegungs- und Internetnutzungsdaten gewährleistet bisher die ePrivacy-Richtlinie aus dem Jahr 2002 einen besonderen Datenschutz für Telefon und Internet, der weit über die allgemeine Datenschutzgrundverordnung hinaus geht. Die ePrivacy-Richtlinie schützt vor Abhören und Ausspionieren unseres Kommunikationsverhaltens (Verbindungsdaten) und Bewegungsverhaltens (Standortdaten), aber auch vor der Überwachung unserer Internetnutzung (Tracking).
Eine ePrivacy-Verordnung sollte diese Richtlinie ablösen. Geheimdienst-Massenüberwachung, Cambridge Analytica-Skandal und mögliche Fehlverurteilungen wegen falscher Telekommunikationsdaten in Dänemark zeigen, wie dringend ein besserer Schutz unserer Telefon- und Internetnutzung nötig wäre. Die EU-Regierungen forderten aber eine massive Absenkung des Datenschutzes u.a. durch verpflichtende und freiwillige Vorratsdatenspeicherung, Zwangstracking und Zweckentfremdung. Die Verhandlungen kamen daher nicht voran.
Gemäß ihrem Arbeitsprogramm 2025 will die Kommission ihren ePrivacy-Verordnungsvorschlag innerhalb der nächsten sechs Monate zurückziehen, da keine Einigung absehbar ist. Dass damit die ePrivacy-Richtlinie aus 2002 weiter gelten wird, verteidigt einen ziemlich starken, wenn auch nicht ausreichenden Schutz unserer Kommunikationsdaten und verhindert ihren Ausverkauf, der im Zuge der Reform gedroht hätte.
Rückblick: Parlament wollte Überwachung zurückdrängen
Das Europäische Parlament wollte den Reformvorschlag der EU-Kommission in entscheidenden Punkten verbessern, um Nutzer:innen wirksam vor Datensammlung, Tracking und Abhören zu schützen. Die Position des Parlaments wurde bereits 2017 in einer knappen Abstimmung festgelegt.
- Zum Schutz vor Abhören durch Geheimdienste soll Telekommunikation verschlüsselt werden müssen.
- Über Überwachungsmaßnahmen soll jährlich Rechenschaft abgelegt werden.
- Die Nutzung von Internetangeboten soll nicht mehr davon abhängig gemacht werden dürfen, dass der Nutzer sein Nutzungsverhalten zur Auswertung und gezielten Werbeeinblendung freigibt.
- Eine rechtsverbindliche Voreinstellung in Smartphone oder Browser soll Schluss machen mit ständigen Cookie-Nachfragen.
- Die Offline-Verfolgung anhand von Smartphone-Signalen etwa in Innenstädten, Shopping-Malls oder Flughäfen soll nur noch mit Einwilligung zulässig sein.
Regierungen wollten mehr Überwachung
Unter den EU-Staaten herrschte jahrelang Uneinigkeit und das Finden einer gemeinsamen Verhandlungsposition war äußerst schwierig. Lobbyisten der Daten- und Werbeindustrie arbeiten vehement gegen die Forderungen des Parlaments. Sie befürchten massive finanzielle Einbußen bei Einschränkung der überwachungsbasierten Werbung. Am 11. Februar 2021 kam es zu einer Entscheidung: Die EU-Regierungen forderten nun eine massive Absenkung des Datenschutzes u.a. durch verpflichtende und freiwillige Vorratsdatenspeicherung, Zwangstracking und Zweckentfremdung.
Eine Absenkung des Datenschutzniveaus der aktuellen ePrivacy-Richtlinie oder gar eine generelle und unterschiedslose Sammlung persönlicher Kommunikationsdaten, wie sie die EU-Regierungen fordern, ist völlig inakzeptabel! Nachdem die ePrivacy-Reform vom Tisch ist, ist die drohende Absenkung verhindert worden.
Was bisher geschah
- 10. Januar 2017: Die EU-Kommission stellt den Entwurf einer ePrivacy-Verordnung vor – die ePrivacy-Verordnung sollte nach dem ursprünglichen Plan zeitgleich mit der der DSGVO am 25. Mai 2018 in Kraft treten.
- 16. Januar 2017: Der Rat der Europäischen Union beginnt mit seinen Beratungen. Hier geht’s zum Verlauf.
- 24. April 2017: Der Europäische Datenschutzbeauftragte veröffentlicht seine Stellungnahme zum Entwurf.
- 20. Oktober 2017: Der federführende LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments legt seinen Bericht zum Kommissions-Entwurf vor. Am 23. Oktober 2017 stimmt der LIBE-Ausschuss dem Bericht zu. Am 27. Oktober 2017 stimmt das EU-Parlament auf Basis des Berichts der Aufnahme der Trilogverhandlungen zu.
- 10. Februar 2021: Der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten einigt sich auf eine gemeinsame Position.
Zeitplan der Trilogverhandlungen
- 30. März 2022: Verhandlungen der Schattenberichterstatter:innen des Parlaments
- 31. März 2022: Dritter Interinstitutioneller Trilog
- 16. November 2022: Verhandlungen der Schattenberichterstatter:innen des Parlaments
- 6. Dezember 2022: Ratsbericht über Verhandlungsstand (Video)
- 1. März 2023: Verhandlungen der Schattenberichterstatter:innen des Parlaments
Ende
- Gemäß ihrem Arbeitsprogramm 2025 will die Kommission ihren ePrivacy-Verordnungsvorschlag innerhalb der nächsten sechs Monate zurückziehen, da keine Einigung absehbar ist.
Tool zur Bürgerbeteiligung an der ePrivacy-Reform
Als Vertreter:innen von Parlament, Kommission und Rat über die zukünftige ePrivacy-Verordnung der EU verhandelten, habe ich als Piratenabgeordneter ein Tool entwickeln lassen, um Feedback zu dem Text einzuholen. Hier findest du eine Gegenüberstellung der Positionen der drei Institutionen und einen Vergleich zur geltenden Richtlinie. Jeder konnte Hinweise, Kommentare und Vorschläge zu den Textvorschlägen machen. Beiträge waren für unsere Verhandlungen wertvoll.
Weiterführende Informationen
Dokumente zur ePrivacy-Verordnung
- Verordnungsvorschlag der EU-Kommission 2017
- Position des Europäischen Parlaments 2017 (Bericht des Innenausschusses)
- Position des Rates 2021 (Englisch)
- 4-Spalten Dokument der Trilogverhandlungen (Gegenüberstellung der Positionen von Parlament, Kommission und Rat) (Mai 2021) (Englisch)
- Gegenüberstellung mit der geltenden ePrivacy-Richtlinie (Englisch)