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Fragen an Justizministerium zu Vorwurf der Einflussnahme auf die Justiz

Allgemein

Die Neue Richtervereinigung erhebt den Vorwurf, ein Abteilungsleiter des Justizministeriums habe dem Direktor eines Amtsgerichts telefonisch mit der Veröffentlichung des Namens einer Richterin gedroht, wenn nicht auf Antrag der Polizei die Observation eines Straftäters angeordnet werde. Daraufhin habe der Direktor (in Vertretung der Richterin) anders entschieden als diese, und zwar so wie von der Politik gewünscht.
Das Ministerium und der Pressesprecher des Gerichts entgegnen, die entscheidenden Richterinnen und Richter hätten “ohne jegliche Einflussnahme der Landesregierung oder der Dienstaufsicht entschieden”. Auf die angebliche Drohung geht die Stellungnahme des Ministeriums nicht konkret ein.
Ich habe dem Ministerium dazu heute folgende Nachricht übersandt:

Sehr geehrte Damen und Herren,
nächste Woche wird der Innenausschuss die Justizministerin wegen des erhobenen Vorwurfs der Missachtung der richterlichen Unabhängigkeit durch einen Abteilungsleiter im Zusammenhang mit der Observation eines Straftäters in Neumünster anhören.
Mir stellen sich in diesem Zusammenhang folgende Fragen, die ich Ihnen zur Vorbereitung gerne vorab zukommen lassen möchte:

  1. Lag ein schriftlicher und mit einer Begründung versehener Antrag der Polizei auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu dem verfahrensgegenständlichen Aktenzeichen vor und wann ist dieser Antrag eingegangen?
  2. Wann genau (Tag, Uhrzeit) wurde seitens der Polizeidirektion Neumünster der (Haupt-)Antrag auf Verlängerung der Observation ergänzt?
  3. Trifft es zu, dass die zuständige Richterin die Ergänzung zur Kenntnis genommen hatte, ohne Anlass zum Erlass einer einstweiligen Anordnung zu sehen? Wenn ja, war diese Entscheidung dem Justizministerium bekannt?
  4. Wann genau am 31.8. (Uhrzeit) hat sich das Justizministerium vom Direktor des Amtsgerichts Neumünster über den Verfahrensstand berichten lassen?
  5. Trifft es zu, dass anlässlich dieses Telefonats von Seiten des Abteilungsleiters im Justizministerium die Möglichkeit einer öffentlichen Nennung des Namens der zuständigen Richterin gegenüber der Presse ins Spiel gebracht worden ist?
  6. Welche Maßnahmen sind ergriffen worden, um den Vorwurf zu 5. aufzuklären? Wer ist um Stellungnahme gebeten worden und wie lauten die unterschiedlichen Darstellungen? Insbesondere: Ist der Direktor des Amtsgerichts Neumünster um Stellungnahme gebeten worden und wie lautet dessen Darstellung?
  7. War dem Abteilungsleiter des Ministeriums bei dem Telefonat am 31.8. bekannt, dass der Direktor des Amtsgerichts Neumünster Vertreter der ordentlichen Dezernentin war?
  8. Stellt es nach Auffassung des Ministeriums einen unzulässigen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit dar, von Seiten des Ministeriums die öffentliche Nennung des Namens des zuständigen Richters für den Fall ins Spiel zu bringen, dass dieser eine bestimmte Entscheidung trifft oder nicht trifft?

Mit freundlichem Gruß,
Patrick Breyer, MdL

Kommentare

1 Kommentar
  • Patrick Breyer

    An dieser Stelle war ein Kommentar zur Vertretungsregelung des Gerichts veröffentlicht, der diese unrichtig wiedergab und den ich auf Bitte des Autors gelöscht habe.
    Richtig ist, dass der Direktor des Amtsgerichts Neumünster Vertreter der in dem maßgeblichen Verfahren regulär zuständigen Richterin war.

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