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IP-Vorratsdatenspeicherung: Kein Generalverdacht gegen alle Internetnutzer!

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Bundesinnenministerin Faeser (SPD) fordert zur Aufklärung „sexuellen Missbrauchs“ eine verdachtslose Internet-Vorratsspeicherung. Der Bürgerrechtler, Jurist und Europaabgeordnete der Piratenpartei Dr. Patrick Breyer, der gemeinsam mit anderen Verfassungsbeschwerde gegen das schwarz-rote Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung eingelegt hat, erklärt dazu:

„Eine IP-Vorratsdatenspeicherung würde jeden Internetnutzer unter Generalverdacht stellen und die Internetnutzung der gesamten Bevölkerung, die unsere intimsten Vorlieben und Schwächen abbildet, nachvollziehbar machen. Eine so totale Erfassung gefährdet Kriminalitätsvorbeugung durch anonyme Beratung und Seelsorge, Opferhilfe durch anonyme Selbsthilfeforen und auch die freie Presse, die auf anonyme Informanten angewiesen ist.“

Nach der amtlichen Kriminalstatistik ist die Aufklärungsquote bei Internetdelikten schon heute überdurchschnittlich hoch (65%), bei pornografischen Darstellungen liegt sie sogar bei rund 90%.

„Vorratsdatenspeicherung ist ein völlig untaugliches Mittel zum Schutz von Kindern, umgekehrt dient Anonymität ihrem Schutz, indem sie anonyme Beratung, Selbsthilfe und Anzeigen ermöglicht. Als wir 2009 in Deutschland eine sechsmonatige IP-Vorratsdatenspeicherung hatten, ging die Aufklärungsquote sogar zurück, weil eine Vorratsdatenspeicherung Straftäter zum Einsatz Anonymisierungsstrategien veranlasst, so dass ihre Kommunikation selbst im Verdachtsfall nicht mehr zu überwachen ist,“ warnt Breyer.

„Der richtige und überfällige Weg, um sexuellem Missbrauch und dessen Ausbeutung wirksam entgegen zu treten, sind verstärkte Präventionsmaßnahmen und -projekte sowie anonyme Beratungs- und Therapieangebote. Auch dass polizeiliche Durchsuchungen und Auswertungen in Verdachtsfällen oft Monate oder Jahre dauern, ist inakzeptabel.“

Das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht schrieb zu der Frage der Vorratsdatenspeicherung in einem Gutachten wörtlich: „Insbesondere gibt es bislang keinen Hinweis dafür, dass durch eine umfängliche Verfolgung aller Spuren, die auf das Herunterladen von Kinderpornografie hindeuten, sexueller Missbrauch über den Zufall hinaus verhindert werden kann.“

Breyer erinnert abschließend an den Koalitionsvertrag:

„Frau Faeser sollte dringend den Koalitionsvertrag nachlesen und respektieren, der eine Datenspeicherung nur anlassbezogen und mit richterlicher Anordnung vorsieht.“