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Kriminalität: Warum der ganze Kreis Pinneberg jetzt ein Gefahrengebiet ist – WELT [extern]

Freiheit, Demokratie und Transparenz Presseberichte

Wer künftig die Grenzen des Kreises Pinnebergs übertritt oder mit dem Auto überfährt, befindet sich dann offiziell in einem sogenannten Gefahrengebiet – bundesweit bekannt wurden diese Areale im Zuge der Ausschreitungen und Krawalle vor zwei Jahren in Hamburg: Bürger können dort ohne besonderen Anlass kontrolliert und durchsucht werden. In Schleswig-Holstein spricht die Polizei lediglich von „Sicht- und Anhaltekontrollen“ – sie sind im Kern aber vergleichbar mit den Gefahrengebieten. Im Kreis Pinneberg will die Polizei zum 1. Oktober ein solches Gebiet einrichten, wie nun eine kleine Anfrage des Piraten-Abgeordneten Patrick Breyer ergab, die der „Welt“ vorliegt.
Grund für die neuerliche Polizeiaktion: Die sprunghaft angestiegene Zahl an Einbrüchen im „Speckgürtel“ Hamburgs: So gab es im vergangenen Jahr dort knapp 1000 gemeldete Einbruchsdelikte, im Jahr zuvor waren es noch etwa 700. Die Polizei sieht sich im Kampf gegen die Einbrecherbanden gezwungen, auf diese Maßnahme zu setzen: „Die Kontrollen ermöglichen der Polizei, Personen und Fahrzeuge nach Diebesgut oder Tatwerkzeugen zu durchsuchen. Dies dient einerseits der Verhinderung, aber auch der Aufklärung von Einbrüchen“, sagte Polizeisprecherin Silke Westphal auf Anfrage. Rechtliche Grundlage dafür ist in Schleswig-Holstein der Paragraf 180, Absatz 3 des Landesverwaltungsgesetzes (LVwG).
Breyer: „Generalverdacht gegen Autofahrer“
Doch wie wirksam ist diese Polizeimaßnahme? „Das Innenministerium konnte mir bis heute keinen einzigen Einbrecher nennen, der bei einer verdachtslosen Sichtkontrolle gestellt worden wäre“, sagte der Abgeordnete Breyer in Anspielung auf frühere Kontrollen dieser Art. Er spricht in dem Zusammenhang von „hilflosem Stochern im Nebel“ und „Generalverdacht gegen Autofahrer“, wie unter anderem das „Pinneberger Tageblatt“ berichtet.
Er kritisiert ebenfalls eine spezielle Sonderzone um den Elmshorner Bahnhof, die von der Polizei als „gefährlicher Ort“ eingestuft wurde – ohne die Öffentlichkeit darüber zu informieren. „Mit dieser Einstufung konnten beliebige dort angetroffene Personen vorsorglich durchsucht werden, auch wenn sie unverdächtig sind. Das betrifft potenziell sehr viele Menschen. Wenn die Polizei solche Sonderrechte in Anspruch nehmen will, dann sollte sie dies auch öffentlich ankündigen und rechtfertigen. Zumal eine solche Ankündigung auch der Abschreckung von Straftätern dient“, so Breyer.
Laut Kieler Innenministerium wurde bewusst auf die Bezeichnung „gefährlicher Ort“ verzichtet, um die Bevölkerung nicht zu verunsichern. Die Bezeichnung sei grundsätzlich aber gerechtfertigt: So gebe es dort eine massive Zunahme an Drogendelikten, Gewalt und Waffenfunden – unter anderem wurde dort ein „durchgeladener und unregistrierter Revolver 357 Magnum“ sichergestellt.