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Nord-Ostsee-Kanal: 70 Kameras sehen im Tunnel fast alles | shz.de [extern]

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Ingo Hackradt hat auf den Monitoren im Überwachungsleitstand des Rendsburger Straßentunnels schon viel gesehen. Seit vier Jahren behält der Leitstandmaschinist den Verkehr unter dem Nord-Ostsee-Kanal regelmäßig im Blick.Einmal näherte sich von Süden her ein Radfahrer mit nacktem Oberkörper dem Tunnel, stoppte an der Einfahrt, zog sich ein T-Shirt über, fuhr an der Bauaufsicht durch die Baustelle hindurch und verschwand. „Die Polizei war nicht schnell genug“, erinnert sich Hackradt. Während einer Nachtschicht vor zwei Jahren sah er gegen 1.30 Uhr, wie aus dem Mittelgang zwischen den Tunnelröhren eine Kabelrolle nach der anderen auf die Straße geworfen wurde. Unbekannte luden sie auf einen Anhänger, wurden aber geschnappt. Ein anderes Mal schlugen Rauchmelder im Tunnel Alarm, ohne dass Hackradt den Grund erkennen konnte. Erst als er die Aufzeichnung einer Kamera zurückspulte, sah er, dass der Kühler eines Wagens geplatzt und eine Dampfwolke aufgestiegen war. Der Fahrer hatte deshalb allerdings nicht angehalten.Was Hackradt auf seinen Monitoren nicht erkennt, sind Gesichter. Nummernschilder sind auf den Live-Bildern nur schwer zu entziffern, in der Aufnahme sogar gar nicht, da sie in einer schlechteren Qualität abgespeichert wird. „Eine Rasterfahndung machen wir hier nicht. Das geht wegen der Qualität der Bilder auch gar nicht“, erläutert Jörg Winkelmann, Leiter des Außenbezirks Rendsburg des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts (WSA) Kiel-Holtenau. Seine Mitarbeiter können die Aufnahmen bis zu 14 Tage zurückspulen. Ältere Dateien werden automatisch überschrieben.Hackradt gehört zu einem sechsköpfigen WSA-Team, das den Straßentunnel unter dem Nord-Ostsee-Kanal zwischen Rendsburg und Westerrönfeld an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr überwacht. Im Leitstand zwischen der südlichen Tunnelöffnung und dem Westerrönfelder Freibad wechseln sich die Mitarbeiter im Drei-Schicht-System ab. Immer ein Kollege hat Dienst. Nach demselben Muster ist die Überwachungszentrale des Fußgängertunnels besetzt. Dort hängen 20 Kameras, einige auch in den Aufzügen. Im Straßentunnel sind in jeder Röhre 30 Kameras angebracht, im Außenbereich weitere zehn. Sie filmen jeden Meter der Fahrbahnen innerhalb der Unterführung und auf den Rampen, außerdem die Fluchtschleusen zwischen den Röhren. In der Leitzentrale des Straßentunnels stehen in einem Halbkreis um Hackradts Bürostuhl herum acht Monitore, an einer Wand dahinter hängen weitere zehn. Die zwei größten übertragen jeweils neun bewegte Bilder nebeneinander. Andere Displays zeigen grafisch den Pumpenstand sowie die Einstellungen von Ampeln, Schranken und der Messgeräte an der Höhenkontrolle an. Hackradt kann die Kameras per Computermaus schwenken. Öffnet sich eine Fluchttür, ertönt ein Alarm. In einer Nahaufnahme sieht er dann, wer sich gerade in Sicherheit bringen will.Auf Drängen von Patrick Breyer, einem ehemaligen Landtagsmitglied der Piratenpartei, wird die WSA bald Schilder mit Hinweisen auf die Kameraüberwachung anbringen. Winkelmann will sie bei der nächsten turnusmäßigen Tunnelsperrung aufstellen lassen, bei der auch Lampen, Kameras und Gullys gereinigt werden. „Das geschieht an einem Wochenende nachts“, sagt er. Der Zeitpunkt steht noch nicht fest.Er betont aber: „Wir betreiben die Überwachung nicht, weil wir besonderen Spaß daran haben, den Verkehr zu beobachten, sondern, weil es der Sicherheit dient.“ Kommt es zum Stau, können seine Mitarbeiter per Kamera sofort die Ursache erkennen. „Bei einem Brand im Tunnel muss schnell reagiert werden“, sagt der Ingenieur und betont: „Wenn hier keiner sitzen würde, müsste ich den Tunnel schließen.“ Die „Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln“ (RABT) schreiben eine lückenlose Überwachung vor.Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord (WSD) ließ die Oströhre von 2011 bis Oktober 2016 sanieren. Am 30. Januar begannen die Arbeiten an der Weströhre. Die Sanierung soll in drei Jahren abgeschlossen werden. Es wird an wöchentlich sechs Tagen jeweils von 6 bis 22 Uhr in mindestens zwei Schichten gearbeitet.

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