Öffentlich-rechtliche Berichterstattung über die Piratenpartei in Bundestagswahlkampf
Ich hatte heute ein sehr nettes Gespräch mit zwei NDR-Juristen über die Berücksichtigung der Piratenpartei im ARD-Programm im Wahlkampf. Folgende Ergebnisse gab es:
Was die Wahlwerbespots angeht, bekommen die im Bundestag vertretenen Parteien – je nach Stärke – 4-8 Spots. Die übrigen Parteien bekommen 2 Spots, möglich wären aber auch 3. Nach welchen Kriterien über den dritten Spot entschieden wird, steht noch nicht fest. Üblich sind 2.
Was die Berichterstattung in redaktionellen Sendungen und im Netz angeht, habe ich dafür geworben, die Piratenpartei nicht wie alle anderen “sonstigen” Parteien unter ferner liefen zu behandeln, sondern innerhalb der nicht im Bundestag vertretenen Parteien nach Relevanz zu differenzieren. Anders als die anderen “sonstigen” haben wir immerhin über 30.000 Mitglieder und sind mit 45 Mandaten in 4 Landtagen vertreten, sogar im Europaparlament. Bei den letzten Landtagswahlen lagen wir im Schnitt bei 3,3%, da kann keine andere sonstige Partei mithalten.
Wir waren uns einig, dass es zulässig ist, anhand objektiver Kriterien eine nicht im Bundestag vertretene Partei ebenso einzuladen/darzustellen wie im Bundestag vertretene Parteien, während andere “sonstige” Parteien als weniger relevant unberücksichtigt bleiben. Ob die jeweilige ARD-Redaktion von dieser Möglichkeit Gebrauch macht und welche Kriterien sie anlegt, entscheidet sie selbst. Im Wahlkampf in Niedersachsen habe es kein Redaktionskonzept gegeben, das eine Berücksichtigung der Piratenpartei ausgeschlossen habe (zumal das Konzept veränderbar sei); bei der Auswahl der in Vergleichen berücksichtigten Parteien habe es sich um eine Entscheidung der Redaktion gehandelt.
Ich habe gesagt, dass ich diese redaktionelle Freiheit vollkommen respektiere und auch wichtig finde. Es ist verständlich, dass die Zahl der dargestellten Parteien aus redaktionellen Gründen nicht ausufern soll (ich könnte mir vorstellen, man will auch vermeiden, rassistischen Parteien wie der NPD ein Podium zu geben, was natürlich aus rechtlichen Gründen bei den öffentlich-rechtlichen kein offizielles Auswahlkriterium sein kann). Ich habe dafür geworben, dass der redaktionelle Spielraum dennoch dafür genutzt wird, um auch relevanten neuen Bewerbern eine Chance zu geben. Je nach Auswahlkriterien bekommt man da durchaus eine vernünftige Auswahl hin.
Man erzählte mir, der DVU sei es einmal in erster Instanz gelungen, sich in eine Wahlsendung einzuklagen. Daraufhin hätten alle anderen Parteien abgesagt, woraufhin die Sendung abgesetzt werden musste. Das wolle man vermeiden. In allen anderen Fällen seien solche Klagen aber erfolglos geblieben.
Immerhin wurde gesagt, ein Ausschluss alleine weil man noch nicht im Bundestag vertreten ist, erfolge nur bei Sendungen, die alleine dem Rückblick dienten. Bei anderen Sendungen würden auch andere Kriterien berücksichtigt (über die jede Redaktion entscheide). Würden wir z.B. über längere Zeit in Umfragen bei 8% liegen, spräche dies für eine Berücksichtigung.
Ich habe dafür geworben, auch Parteien zu berücksichtigen, die die 5%-Hürde in den Umfragen noch nicht genommen haben, um ihnen überhaupt erst die Chance dazu zu geben. In Umfragen sagen viele Menschen, sie wüssten nicht, wofür die Piratenpartei steht, weshalb wir besonders auf Berichterstattung angewiesen sind. Im Übrigen haben wir interessante Gesprächspartner und Positionen zu bieten, die die Berichterstattung bereichern.
Vor der Bundestagswahl wird es wohl zwei ARD-Sendungen geben, in denen die Spitzenkandidaten zu Wort kommen (außer dem Kanzlerkandidatenduell): Eine Sendung mit den Spitzenkandidaten der “großen Parteien” und eine Sendung mit den Spitzenkandidaten der “kleinen Parteien”. Zur letzteren Sendung hätten wir Chancen, eingeladen zu werden (steht noch nicht fest). Für die nächste Bundestagswahl ist innerhalb der ARD wohl der RBB zuständig (es gibt da ein Rotationsprinzip).
Es war ein sehr angenehmes Gespräch, und meine Gesprächspartner waren mir gegenüber durchaus aufgeschlossen.
Mein Eindruck ist, dass wir versuchen sollten, erstens unsere Relevanz zu steigern (z.B. in den Umfragen) und zweitens bei den Redaktionen um Berücksichtigung zu werben. “Shitstorms” über das Internet oder juristische Argumentationen erscheinen mir eher kontraproduktiv. Sinn macht es, miteinander ins Gespräch zu kommen.
Kommentare
Die Piratenpartei braucht für die Bundestagswahl ein kompetentes Medienteam. Ich denke kaum das es da mit ein par Presse Mitteilungen getan ist. Da bräuchte es eigendlich fest angestellte rund um die Uhr erreichbare Personen. Sowie kreative Aktionen damit die Medien was bekommen über das sie berichten können.
Den Worten von Klaus P. kann ich nur zustimmen .
Aber nun ist es zu spät dafür …
Kann man nur daraus lernen !