Projekt Akzeptierte Abgeordnetenentschädigung
Anlässlich der bevor stehenden jährlichen automatischen Diätenerhöhung, die nach der Landtagswahl gegen unsere Stimme beschlossen wurde, hat die Fraktion der Piraten im Schleswig-Holsteinischen Landtag am Dienstag in der Fraktionssitzung zweierlei festgehalten: Erstens, dass wir eine Diätenerhöhung in der aktuellen Situation ablehnen (“Nullrunde”). Zweitens, dass ein Konzept erarbeitet werden soll, das die ständige Unzufriedenheit und Kritik der Bürger bezüglich der Regelung der Abgeordnetendiäten nachhaltig beseitigen und Akzeptanz sichern soll, damit nicht immer wieder dieselbe Diskussion geführt werden muss.
Ich habe jetzt ein Pad eingerichtet, in das Vorschläge zu einem solchen Konzept gerne eingetragen werden können: https://fraktionsh.piratenpad.de/2065
Ich habe schon einen (zugegebenermaßen radikalen und sicherlich noch verbesserungsfähigen) Vorschlag eingetragen. Über andere Vorschläge würde ich mich freuen, damit wir mehrere Optionen diskutieren können.
Wenn wir ein Konzept wollen, mit dem die Bürger zufrieden sind, sollte dieses Konzept eher nicht von uns Abgeordneten kommen. Ich denke eher, wir sollten das in der Partei erarbeiten. Wie genau das genau erfolgen könnte, weiß ich auch noch nicht, vielleicht habt ihr Ideen.
Mein Vorschlag:
1. Ziel ist eine Abgeordnetenentschädigung, die sowohl von den Abgeordneten als auch vom steuerzahlenden Volk als angemessen akzeptiert wird. Dazu ist die Höhe der Entschädigung von beiden einvernehmlich auszuhandeln. (Begründung: Es darf keine einseitige Entscheidung der Abgeordneten über ihre eigene Entschädigung geben, weil auch die vertretenen Bürgerinnen und Bürger nicht frei über ihr eigenes Einkommen entscheiden können.)
2. Dazu sollen auf Bürgerkonferenzen ein oder mehrere Entschädigungskonzepte ausgearbeitet und dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden. (Begründung: Nur eine Volksabstimmung kann die ständige Unzufriedenheit über Entscheidungen der Abgeordneten in eigener Sache über die Köpfe der Bürger hinweg beseitigen.)
Wir gehen mit folgendem Vorschlag in die Verhandlungen:
3. Die Bezahlung von Staatsbediensteten ist nicht der richtige Maßstab. (Begründung: Abgeordnete sind nicht Bedienstete des Staates. Die Tätigkeit der Volksvertretung auf Zeit ist nicht vergleichbar mit der von Landesbediensteten.)
4. Eine Einheitsentschädigung sichert den gleichen Zugang zum Mandat nicht. (Begründung: Die Einheitsentschädigung schreckt Personen von einer Kandidatur ab, die bisher mehr verdienen. Und wer als Abgeordneter mehr erhält als zuvor, ist versucht, sich zu sehr anzupassen, um wieder gewählt zu werden und seinen Lebensstandard halten zu können.)
5. Abgeordnete sollen daher für den Verdienstausfall entschädigt werden, den sie durch ihre Tätigkeit erleiden. Ihnen wird das Einkommen ersetzt, das sie wegen ihres Mandats nicht erzielen können (z.B. vorheriges Gehalt aus aufgegebenem Beruf).
6. Nicht ersetzt wird Einkommen aus Tätigkeiten, die während des Mandats fortgesetzt werden.
7. Wird nach der Wahl ins Parlament eine neue Nebentätigkeit aufgenommen, wird das daraus bezogene Einkommen angerechnet (Begründung: Abgeordnete sollen nicht finanziell besser gestellt werden als sie ohne das Mandat stünden).
8. Die Abgeordnetenentschädigung wird nach unten und nach oben begrenzt. (Begründung: Ohne Begrenzung nach unten würden prekäre Beschäftigungsverhältnisse geschaffen, was für eine Tätigkeit wie die eines Abgeordneten nicht vertretbar wäre. Die Begrenzung nach oben müssen sich sehr gut verdienende Abgeordnete gefallen lassen, wenn sie ein öffentliches Amt anstreben.)
9. Die Entschädigung darf nicht geringer sein als 90% der Vollzeitbeschäftigten mindestens verdienen (ca. 1.500 Euro brutto*, entspricht etwa dem Mindestlohn).
10. Die Entschädigung darf nicht höher sein als 90% der Vollzeitbeschäftigten höchstens verdienen (ca. 4.800 Euro brutto*).
11. Die Entschädigung ist anzupassen, wenn der Abgeordnete glaubhaft macht, dass er zwischenzeitlich erheblich mehr verdienen würde (z.B. Tariflohnerhöhung in seinem Beruf). Eine automatische Erhöhung findet – unabhängig von der Höhe – nicht statt (Begründung: Auch das Einkommen der vertretenen Bürgerinnen und Bürger wird nicht automatisch erhöht oder “angepasst”).
12. Der Abgeordnete gehört seinem bisherigen Altersversorgungssystem weiterhin an: Wer in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, tut dies weiterhin (der Staat übernimmt den Arbeitgeberanteil am Beitrag). Wer Pensionsansprüche erworben hat, tut das weiterhin. Wer einem berufsständischen Versorgungswerk angehört hat, tut das weiterhin. Wer Ansprüche aus einer Betriebsrente erworben hat, tut das weiterhin (für die Arbeitgeberbeiträge kommt der Staat auf). Wer bisher nicht für das Alter vorgesorgt hat, zahlt in die gesetzliche Rentenversicherung ein.
13. Der Abgeordnete gehört seiner bisherigen Kranken- und Pflegeversicherung weiterhin an (der Staat übernimmt den Arbeitgeberanteil am Beitrag). Wer bisher nicht krankenversichert war, wird Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung.
14. Abgeordnete gehören der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung an (der Staat übernimmt den Arbeitgeberanteil am Beitrag). Darüber hinaus gehende Übergangsgelder werden nicht gezahlt.
15. Eine Abführung der Entschädigung zur Partei- oder Fraktionsfinanzierung darf von Abgeordneten nicht verlangt werden mit Ausnahme des von jedem Parteimitglied zu zahlenden Beitrags; eine Weigerung darf keine negativen Konsequenzen haben. (Begründung: Wenn der Abgeordnete finanziell wie vor Mandatsübernahme gestellt werden soll, dürfen ihm keine Parteiabgaben aufgebürdet werden, die er zuvor nicht hatte. Zur Parteifinanzierung ist die staatliche Parteienfinanzierung da, nicht die Abgeordnetenentschädigung.)
16. Mandatsbedingte Fahrtkosten werden erstattet. Sonstige Aufwendungen werden nicht erstattet, Pauschalen nicht gezahlt.
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