Staatsleistungen an die Kirchen stoppen!
Die Landesregierung hat auf meine Anfrage mitgeteilt, dass ihr nicht bekannt ist, ob und in welcher Höhe die Kirchen gegen das Land verfassungsrechtlich abzulösende Ansprüche auf Entschädigung wegen Enteignungen von 1919 hat.
Hier die Fragen, die Antworten und meine Anmerkungen:
Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen
1. Welche den Kirchen gehörenden Ländereien und Güter im jetzigen Staatsge-biet von Schleswig-Holstein wurden bis 1919 enteignet? Wie beziffert die Landesregierung den Wert dieser Ländereien und Güter im einzelnen?
Die in dieser Allgemeinheit gestellte Frage ist nicht fristgemäß zu beantworten. Zum Hintergrund: Die Christianisierung im Gebiet des heutigen Schleswig-Holsteins begann um 810 mit der Gründung eines fränkischen Brückenkopfes an der Elbe, der die Keimzelle der heutigen Freien und Hansestadt Hamburg bildete. Wenig später wurde im Gebiet nördlich der Burg eine Kirche in Meldorf errichtet, kurz danach ein Kirchort in der Nähe von Itzehoe. Mit der Gründung von Kirchorten verbunden ist die Aneignung von Ländereien, die sowohl als Grundstücke für den Kirchenbau und naheliegender Gebäude, als auch zur Versorgung genutzt wurden. Im Zeitraum von 810 bis 1919 hat es wiederholt die Aneignung und Enteignung von Ländereien und Gütern gegeben, die häufig durch obrigkeitliche Maßnahmen legitimiert waren oder aber durch gesellschaftliche und politische Entwicklungen, wie sie beispielsweise die Reformation oder die napoleonische Besetzung darstellte. Eine Übersicht über Ländereien und Güter der Kirchen (der Plural gilt erst seit der Reformation) wäre sicher lohnenswert, erfordert jedoch eine langjährige historische Forschungstätigkeit und ist in kurzer Frist nicht leistbar. Darüber hinaus kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne schriftliche Nachweise über An- bzw. Enteignungen über die Jahrhunderte verloren gegangen sind.
2. Zu welchen Zeitpunkten und in welcher Form fanden die Enteignungen statt?
Siehe Antwort auf Frage 1.
3. Welche Rechtsansprüche im Sinne von Artikel 138 Absatz 1 der Weimarer Reichsverfassung haben in welcher Höhe bei Inkrafttreten der Verfassung am 14.08.1919 bestanden (bezogen auf Schleswig-Holstein)?
Die am 14. August 1919 bestehenden Rechtsansprüche im Sinne von Artikel 138, Absatz 1 genau zu beziffern und zudem in die nun aktuell gültige Währung umzurechnen, ist eine umfangreiche Aufgabe, die mit historischen Archivstudien einhergeht und in der Kürze der Zeit von einer Verwaltung nicht umzusetzen ist. Hier wäre eine historische Forschungsarbeit angebracht, die die genaue Höhe und den Umfang der Rechtsansprüche am 14. August 1919 ermittelt, zusammenstellt und für die heutige Situation analysiert.
4. Wie hoch sind die Staatsleistungen (gestaffelt nach Jahren und Empfänger), die das Land Schleswig-Holstein seit Gründung der Bundesrepublik an Religionsgemeinschaften geleistet hat? Auf welcher Rechtsgrundlage beruhen die Zahlungen? Ist das Land verpflichtet, die Zahlungen zu leisten?
Die Rechtsgrundlage der Zahlungen stellen der Vertrag zwischen dem Land Schleswig-Holstein und den evangelischen Landeskirchen in Schleswig-Holstein vom 23. April 1957 und der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Schleswig-Holstein vom 12. Januar 2009 dar. In Vertragstreue ist das Land dazu verpflichtet, diese Zahlungen zu leisten. Eine Aufstellung der Staatsleistungen gestaffelt nach Jahren und Empfängern erfordert ein umfangreiches Archivstudium im Landesarchiv, dass weder personell noch zeitlich zu leisten ist.
Hier eine Aufstellung (in 1.000 Euro):
Jahr | Ev.K. Soll | Kath.K. Soll | Zus. Soll |
1946 | |||
1947 | |||
1948 | |||
1949 | 709 | 16 | 725 |
1950 | 709 | 16 | 725 |
1951 | 709 | 16 | 725 |
1952 | 763 | 17 | 780 |
1953 | 764 | 16 | 780 |
1954 | 783 | 16 | 799 |
1955 | 781 | 16 | 797 |
1956 | 810 | 16 | 826 |
1957 | 822 | 16 | 838 |
1958 | 1.644 | 29 | 1.673 |
1959 | 1.644 | 28 | 1.672 |
1960 | 1.644 | 29 | 1.673 |
1961 | 1.912 | 34 | 1.945 |
1962 | 1.912 | 34 | 1.945 |
1963 | 2.007 | 34 | 2.041 |
1964 | 2.080 | 37 | 2.117 |
1965 | 2.310 | 41 | 2.350 |
1966 | 2.564 | 48 | 2.612 |
1967 | 2.638 | 47 | 2.684 |
1968 | 2.638 | 47 | 2.684 |
1969 | 2.730 | 48 | 2.778 |
1970 | 3.221 | 56 | 3.277 |
1971 | 3.350 | 59 | 3.409 |
1972 | 3.929 | 70 | 3.998 |
1973 | 4.105 | 72 | 4.177 |
1974 | 4.534 | 80 | 4.614 |
1975 | 5.118 | 90 | 5.208 |
1976 | 5.271 | 92 | 5.364 |
1977 | 5.470 | 96 | 5.566 |
1978 | 5.642 | 99 | 5.741 |
1979 | 5.960 | 104 | 6.064 |
1980 | 6.147 | 108 | 6.255 |
1981 | 6.586 | 116 | 6.702 |
1982 | 6.667 | 117 | 6.784 |
1983 | 6.877 | 121 | 6.998 |
1984 | 7.086 | 123 | 7.209 |
1985 | 7.162 | 125 | 7.287 |
1986 | 7.308 | 128 | 7.436 |
1987 | 7.593 | 133 | 7.726 |
1988 | 7.891 | 138 | 8.029 |
1989 | 7.977 | 140 | 8.117 |
1990 | 8.245 | 145 | 8.390 |
1991 | 8.513 | 150 | 8.663 |
1992 | 9.017 | 153 | 9.170 |
1993 | 9.600 | 168 | 9.768 |
1994 | 9.833 | 172 | 10.005 |
1995 | 9.701 | 170 | 9.870 |
1996 | 9.894 | 174 | 10.068 |
1997 | 10.035 | 177 | 10.212 |
1998 | 10.314 | 185 | 10.499 |
1999 | 10.413 | 186 | 10.599 |
2000 | 10.812 | 190 | 11.001 |
2001 | 10.953 | 192 | 11.145 |
2002 | 10.854 | 190 | 11.044 |
2003 | 11.156 | 195 | 11.351 |
2004 | 11.076 | 199 | 11.275 |
2005 | 11.287 | 203 | 11.490 |
2006 | 11.385 | 192 | 11.577 |
2007 | 10.912 | 192 | 11.104 |
2008 | 11.133 | 192 | 11.325 |
2009 | 11.305 | 196 | 11.501 |
2010 | 11.798 | 202 | 12.000 |
2011 | 11.994 | 206 | 12.200 |
2012 | 12.235 | 210 | 12.445 |
2013 | 12.479 | 214 | 12.693 |
2014 | 12.603 | 219 | 12.822 |
Summe | 418.013 | 7.336 | 425.349 |
Quelle:
1987 bis 2005 und 2011/212: Kap. 0702
2006 bis 2010: Kap. 0303
seit 2013: Kap. 0941, jeweils Titel 684 01
Schleswig-Holstein hat den Kirchen also bereits über 400 Mio. Euro gezahlt – Tendenz steigend.
5. Welcher Teil der Staatsleistungen wurde jeweils in Erfüllung von 1919 bestehenden Rechtsansprüchen gezahlt?
Sämtliche Staatsleistungen werden in Erfüllung von 1919 bestehenden Rechtsansprüchen gezahlt. Grundlage hierfür ist das Gesetz zu dem Vertrag zwischen dem Land Schleswig-Holstein und den evangelischen Landeskirchen in Schleswig-Holstein vom 23. Mai 1957, i.d.F.d.B.v. 31.12.1971 des Artikels 18, Absatz (1). Dort werden die Staatsleistungen festgelegt als Zuschüsse für Zwecke der Pfarrbesoldung und -versorgung sowie zum Ausgleich der in Artikel 19 und 20 genannten Verpflichtungen. Zu diesen Verpflichtungen gehört die Eigentumsübertragung am Dom zu Schleswig.
Der Bezug der Staatsleistungen des Landes Schleswig-Holstein an die katholische Kirche, genauer das Erzbistum Hamburg, ist der Vertrag des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929 und hier der Artikel 4, die Absätze 1 und 3. Dort werden die Dotation der Diözesen und Diözesananstalten mit jährlich zwei Millionen achthunderttausend Reichsmark festgelegt.
Anmerkung: Die Antwort ist unzutreffend. In Wahrheit erfolgt nur ein kleiner Teil der Zahlungen noch zur Abgeltung der verfassungsrechtlich garantierten Rechtsansprüche von 1919. Verfassungsrechtlich garantiert sind nur die historischen, 1919 geschuldeten Staatsleistungen an Kirchen. Die (ehemaligen) Landeskirchen Eutin und Lübeck hatten 1919 keine Rechtsansprüche gegen das Land und sind ohne Verfassungspflicht der (ehemaligen) Landeskirche Schleswig-Holstein gleichgestellt worden. Der Dynamisierungsfaktor ist der Höhe nach ebenfalls ohne Verfassungspflicht vereinbart worden.
6. Welche Gegenleistung erhält das Land für die gezahlten Staatsleistungen?
Die Kirchen stellen das Land von allen Verpflichtungen zu Geld und Sachleistungen an die Kirchengemeinden, die Pfarr- und Küsterstellen, insbesondere von denen zur baulichen Unterhaltung von Gebäuden frei.
Anmerkung: Die Freistellung von eigenen Ansprüchen ist keine Gegenleistung.
7. Wie hat sich die konfessionelle Zusammensetzung der Bevölkerung in Schleswig-Holstein, wie haben sich die Mitgliederzahlen der Kirchen seit Gründung der Bundesrepublik entwickelt?
Zu den Entwicklungszahlen in Schleswig-Holstein ist zu sagen, dass das Statistikamt Nord Daten zu Religionsgemeinschaften nur zu Volkszählungen er-hebt, deshalb könnten nur aktuelle Daten aus dem Zensus 2011 für Schles-wig-Holstein übermittelt werden. Darüber hinaus verweist das Amt auf die Kirchen. Das Landeskirchenamt der Nordkirche hat in seinem Bestand nur Daten beginnend mit dem Jahr 1977 und verweist darüber hinaus auf das Statistikamt Nord. Die Katholische Kirche hat Daten ihrer Diözesen vorrätig, die in der Kürze der Zeit nicht beschafft werden können, da die Diözesen nicht deckungsgleich sind mit den Bundesländern.
Im Internet findet sich eine Übersicht über die konfessionelle Entwicklung in Deutschland auf der Homepage der kirchkritischen Forschungsgruppe Welt-anschauung (fowid) unter: http://fowid.de/fileadmin/datenarchiv/Religionszugehoerigkeit_Bevoelkerung__1950-2008.pdf
Diese konnte in der Kürze der Zeit nicht verifiziert werden.
Anmerkung: Danach gehörten 1950 noch 96,4% der Deutschen einer Kirche an, 2008 nur noch 59,9%.
8. Welche Bedeutung für die Kirchenfinanzierung haben die Staatsleistungen gegenwärtig im Vergleich zu den anderen Finanzierungsquellen der Kirchen, namentlich der Kirchensteuer?
Es wird angenommen, dass sich die Frage auf die Bedeutung der Staatsleistungen im Lande Schleswig-Holstein am Gesamthaushalt der dort vertretenden großen Kirchen bezieht. Dann wären das für die Nordkirche 2,44 % und für das Erzbistum Hamburg 0,2% bezogen auf den jährlichen Haushalt.
9. Welche Aktivitäten hat die Landesregierung bisher unternommen, um die in der Weimarer Reichsverfassung und im Grundgesetz geforderte Ablösung der Staatsleistungen umzusetzen?
Die derzeitige Landesregierung hat bisher noch keine Aktivitäten unternommen, um die in der Weimarer Reichsverfassung und im Grundgesetz aufgeführte Ablösung der Staatsleistungen umzusetzen. Eine mögliche Ablösung kann derzeit nur im Einvernehmen mit der Kirche erfolgen.
10. Welche Aktivitäten hat die Landesregierung bisher unternommen, um den Landtagsbeschluss „Verhältnis zwischen Kirche und Staat evaluieren” vom 12.12.2013 (Drs. 18/1411) umzusetzen?
Die Landesregierung hat abgesehen von formlosen Gesprächen mit möglichen Beteiligten im Vorwege im ersten Quartal 2014 keine weiteren Aktivitäten unternommen, um den Landtagsbeschluss “Verhältnis zwischen Kirche und Staat evaluieren” vom 12.12.2013 (Drs. 18/1411) umzusetzen.
Anmerkung: Am 27.03.2014 schrieb das Ministerium dazu:
Die Landesregierung ist der Bitte des Landtages, auf Bundesebene initiativ zu werden, bislang noch nicht nachgekommen. Dies steht im Zusammenhang mit den derzeit laufenden Modernisierungsverhandlungen über den Kirchenstaatsvertrag mit der Nordkirche. Über den gesamten Komplex hat das Kabinett noch keine Entscheidung getroffen. Sie wird für den Sommer dieses Jahres angestrebt. In diesem Zusammenhang stehen auch Gespräche mit der Nordkirche über eine Sondervereinbarung. Sie sind noch nicht abgeschlossen. Die Sondervereinbarung umfasst nach aktuellem Verhandlungsstand einen Betrag von 2,5 Millionen Euro, den die Kirche der Landesregierung in den kommenden fünf Jahren zweckgebundenzur Verfügung stellen will. Insbesondere sollen damit Aktivitäten des Landes zur Verstärkung der Gedenkstättenarbeit und von Projekten für die historische Erinnerungsarbeit unterstützt werden.
Ich befürchte, dass sich die Regierung mit der Sondervereinbarung kaufen lässt. Die Kirche leistet “Kick-Back-Zahlungen” in Millionenhöhe und im Gegenzug wird die vom Grundgesetz vorgegebene Ablösung der Staatsleistungen weiterhin hintertrieben. Diese Verfassungsuntreue ist nicht hinnehmbar. Es ist dem Land auch nicht zumutbar, zur Absenkung der Neuverschuldung einen steinigen Personlabbaupfad gehen zu müssen, um auf der anderen Seite ständig steigende Staatsleistungen an Kirchen zu zahlen, die immer weniger Mitglieder vertreten.
Der Bund verweigert das erforderliche Ablösegesetz mit der Begründung, die Länder hätten bisher keinen Bedarf signalisiert. Deswegen beantragen wir Piraten im Landtag, den Bund zum Erlass der erforderlichen gesetzlichen Grundlage ausdrücklich aufzufordern. Die schriftliche Anhörung hat vielfache Unterstützung dieses Antrags ergeben, etwa von Rechtsanwalt Dr. Sailer, von Prof. Dr. Wolff, Humanistischer Union und Freien Weltanschauungsgemeinschaften. Aktueller Stand ist, dass sich die kirchenpolitischen Sprecher der Fraktionen über die Möglichkeit eines gemeinsamen Antrags verständigen sollen.
Einstweilen fordere ich die FDP auf, gemeinsam mit uns Piraten gegen die “Ewigkeitsklauseln” in den Staatskirchenverträgen, die dem Verfassungsauftrag zur Ablösung zuwider laufen, vor das Landesverfassungsgericht zu ziehen. Wenn die FDP in Sachen Staatsleistungen immer wieder öffentlichkeitswirksam den Mund spitzt, muss sie auch bereit sein zu pfeifen. Zwei Fraktionen gemeinsam können laut Verfassung das Landesverfassungsgericht anrufen und die Zulässigkeit der Ewigkeitsgarantien zum Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens machen. Die Ewigkeitsklauseln in den Kirchenverträgen verhindern eine Kündigung der Verträge durch das Land, die dringend nötig wäre, um eine Ablösung der Staatsleistungen auch gegen den Willen der Kirchen zu ermöglichen.
Immerhin: Ministerin Spoorendonk hat in Bezug auf das geplante Abkommen mit muslimischen Verbänden, das allerdings wohl keine Geldleistungen zum Gegenstand haben soll, auf meine Nachfrage erklärt: “Sie habe von sich aus nicht vor, irgendeine Form einer Ewigkeitsklausel zu vereinbaren.” Auch die Grünen haben erklärt: “Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sei ausgeschlossen, dass sie eine entsprechende Klausel unterstützen würde.”
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Kommentare
Was sind Staatsleistungen?
Das Grundgesetz §140 bzw. inkorporierter §138 [1] erörtert nicht was Staatsleistungen genau sind. Aber das Bundesverfassungsgericht schreibt in einem Beschluss von \’96 (in den es eigentlich um Gerichtsgebührenbefreiungen für Kirchen geht) Beschl. v. 14.02.1996, Az.: BVerwG 11 VR 40.95 (siehe: https://www.jurion.de/de/document/show/0:126176,0/ ) :\”Allen – positiven wie negativen – Staatsleistungen im Sinne von Art. 138 Abs. 1 WRV ist als gemeinsames Merkmal eigen, daß sie historisch ihren Ursprung in einer staatlichen Gegenleistung für die Säkularisation kirchlichen Gutes haben. Mit der Einziehung des Kirchengutes entstand die Notwendigkeit, die Kirche von den laufenden, wiederkehrenden Lasten zu befreien und gleichzeitig ihre laufenden Kosten zu decken.”
daraus kann man folgern: 1. Die Staatsleistungen sind keine Entschädigungsleistung.
2. Staatsleistungen sind dauerhafte Leistungen.
3. Sie sind eine Leistung um die laufenden Kosten zu decken.
4. Staatsleistungen beschreiben nicht nur die positiven direkten Zahlungen, sondern auch die dauerhaften Steuerbefreiungen (negative Staatsleistungen)!
– Durch die Einführung der Kirchensteuer wurde gewährleistet, dass die Kirchen über Möglichkeiten der Finanzierung verfügen. Die Kirchensteuern umfassen ein vielfaches der Staatsleistungen. Die Begündung für die Staatsleistungen nach 138[1] WRV sind damit obsolet.
-Die Argumentation, es handele sich Entschädigiungsleistungen ist vermutlich nicht belegbar. Entsprechende Quellen sind meiner Kenntnis nach ausschließlich Behauptungen der Kirche, die dann mit der Zeit in die politische Sichtweise eingesickert sind. Insgesamt erscheint die Argumentation von Entschädigungen ansprechend, weil sie Moralisch verfänglich ist und weil man \’scheinbar\’ nicht umhin kann die Säkularisation von 1803 zu verurteilen. Die Kirchensteuer wurde flächendeckend in der WRV installiert um die Kirchen finanziell unabhängig zu machen. Die Staatsleistungen können als ein Relikt des Staatskirchentums aufgefasst werden. Die Bundesregierung hat in einer Anfrage diesen Jahres angedeutet, dass die Staatsleistungen evtl. eine neue rechtliche Basis benötigen.
Zu Frage 3: Die Rechtsansprüche bei Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung am 14.08.1919 ergeben sich u.a. aus den preußischen Haushaltsplänen. (zu finden in der Staatsbibliothek Berlin)
Hiernach wurden für das Rechnungsjahr 1919 im preußischen Regierungsbezirk Schleswig 67.392,99 Mark für die „Besoldung und Zuschüsse für evangelische Geistliche und Kirchen“ veranschlagt, darunter 6.245,90 Mark künftig wegfallend. Die katholische Kirche und andere Religionsgesellschaften hatten damals noch keine Staatsleistungsansprüche. Für „Neubau und Unterhaltung der Kirchen-, Pfarr-, Küsterei- und Schulgebäude“ waren 6.000,- Mark veranschlagt.
Die Zahlen für das Rechnungsjahr 1920 sind identisch.