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Zu Dr. Stegners Äußerungen zur Vorratsdatenspeicherung

Freiheit, Demokratie und Transparenz

CC BY 2.0 SPD Schleswig-HolsteinIn einem gestern veröffentlichten Interview zur Vorratsdatenspeicherung sprach sich der schleswig-holsteinische SPD-Vorsitzende Dr. Ralf Stegner für eine “vernünftige Datenspeicherung in engen Grenzen” und “kurze Speicherfristen” aus, um “mehr Sicherheit” zu gewinnen.[1] Als Rechtsexperte der Piratenfraktion kritisiere ich diese Äußerungen scharf:

Glaubt Dr. Stegner ernsthaft, die Bürger für dumm verkaufen zu können, die eine Vorratsdatenspeicherung mit überwältigender Mehrheit[2] ablehnen? Der SPD-Landeschef leistet Lippenbekenntnisse gegen ‘anlasslose und massenhafte Datensammlung’, nur um im nächsten Atemzug mit ‘kurzen Speicherfristen’ eben eine solche anlasslose und massenhafte Vorratsdatenspeicherung zu fordern. Diese Wortverdrehung ist eine Beleidigung eines jeden Bürgers.
Eine Verkürzung des Speicherzeitraums würde überhaupt nichts an den fatalen Wirkungen jeder verdachtslosen Totalspeicherung ändern: Jede allgemeine Verbindungsdatenaufzeichnung setzt vertrauliche Tätigkeiten und Kontakte etwa zu Journalisten, Beratungsstellen oder Geschäftspartnern dem ständigen Risiko eines Bekanntwerdens durch Datenpannen und -missbrauch aus. Das ständige Risiko von Nachteilen entfaltet eine enorme Abschreckungswirkung und vereitelt eine unbefangene Telefon- und Internetnutzung in sensiblen Situationen. Wenn gefährliche oder gefährdete Menschen nicht mehr ohne Furcht vor Nachteilen Hilfe suchen können, verhindert das eine sinnvolle Prävention und kann sogar Leib und Leben Unschuldiger gefährden. Es hat nichts mit Sicherheit zu tun, das soziale Umfeld und die Bewegungen Millionen unverdächtiger Bürger zu erfassen.
Die Antwort auf das Informationsversagen der Ermittler in der NSU/NSS-Mordserie kann nicht ernsthaft sein, den Heuhaufen noch weiter zu vergrößern. Im Zusammenhang mit dem Diebstahl eines Laptops aus der Kieler Staatsanwaltschaft haben wir letzte Woche gerade wieder erfahren müssen, dass die wahren Probleme digitaler Ermittlungen ganz woanders liegen.
Ich frage mich: Wo bleibt der Aufschrei der SPD-Basis, die sich noch am Sonntag gegen Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen hat? Die müssen sich doch von ihrem Vorsitzenden veralbert vorkommen. Wo bleibt der Protest des grünen Koalitionspartners, der eine Ablehnung jeglicher Vorratsdatenspeicherung in den Koalitionsvertrag verhandelt hat? Wo bleibt die Ablehnung der Berliner Pläne durch den Ministerpräsidenten, der vom Landtag mehrfach zum Einsatz gegen Vorratsdatenspeicherung aufgefordert worden ist und dies auch zugesagt hat? Wir PIRATEN werden werden diesem millionenfachen Angriff auf die Bürgerrechte unter Täuschung der Öffentlichkeit nicht untätig zusehen!

[1] Interview
[2] Meinungsumfrage

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