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Anfrage an den Vizepräsidenten der Kommission zur Klärung des Begriffes “Desinformation”

Allgemein Europaparlament Freiheit, Demokratie und Transparenz

Anfrage zur schriftlichen Beantwortung an den Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik

Artikel 138 der Geschäftsordnung

Patrick Breyer (Verts/ALE)

Betrifft: Von EUvsDisinfo verwendete Definition des Begriffs „Desinformation“

Bei der Datenbank von EUvsDisinfo (EU gegen Desinformation) konzentriert man sich auf „Nachrichten im internationalen Informationsraum, die durch eine einseitige, verzerrte oder falsche Beschreibung der Realität gekennzeichnet sind und Kernbotschaften im Sinne des Kremls verbreiten“. Unter Desinformation versteht die Kommission hingegen nur „nachweislich falsche oder irreführende Informationen, die mit dem Ziel des wirtschaftlichen Gewinns oder der vorsätzlichen Täuschung der Öffentlichkeit konzipiert, vorgelegt und verbreitet werden und öffentlichen Schaden anrichten können“. „Irrtümer bei der Berichterstattung, Satire und Parodien oder eindeutig gekennzeichnete parteiliche Nachrichten oder Kommentare sind keine Desinformation.“ (COM(2018)0236)

1. Warum wendet der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) die letztgenannte Definition nicht an, wenn er auf seiner Website EUvsDisinfo Veröffentlichungen als „Desinformation“ kennzeichnet?

2. Informationen auf der Website legen nahe, dass der EAD einige Werturteile (z.B. die Behauptung, die EU sei tot, oder ihr prognostizierter Niedergang) als Desinformation betrachtet. Teilt die Kommission diese Auffassung?

3. Auf der Website wird zudem angedeutet, dass der EAD Spekulationen, die nicht durch Beweise gestützt werden, die aber dennoch wahr sein könnten (z.B. dass das Coronavirus von außerhalb Chinas nach Wuhan gebracht oder in einem Labor hergestellt worden sein könnte), als Desinformation betrachtet. Ist die Kommission derselben Ansicht?

Antwort des Hohen Vertreters/Vizepräsidenten Josep Borrell im Namen der Europäischen Kommission

(7.9.2020)

Der EU-Aktionsplan gegen Desinformation (2018)[1] enthält eine Definition des Begriffs „Desinformation“. Diese Begriffsbestimmung liegt der Arbeit der Kommission und den einschlägigen Schlussfolgerungen des Rates[2] wie auch der jüngsten Mitteilung zur Bekämpfung von Desinformation im Zusammenhang mit COVID-19[3] zugrunde, in denen die bestehende Terminologie angesichts der sich verändernden Bedrohungslage und neuer Formen der Manipulation von Informationen weiterentwickelt wird. Die Bekämpfung der Desinformations- und Fehlinformationsflut geschieht unter uneingeschränkter Achtung der Meinungsfreiheit und der anderen Grundrechte und demokratischen Werte.

Die Website „EUvsDisinfo.eu“ ist eines der Instrumente zur Sensibilisierung für schädliche Desinformation, die von Kreml-nahen Quellen verbreitet wird. Sie verwendet transparente Kriterien und bestimmt den Umfang der erfassten Desinformation im Einklang mit dem Aktionsplan von 2018 und den Schlussfolgerungen des Rates. Ein besonderer Schwerpunkt der Arbeit des EAD ist dabei die Erkennung von Mustern, Ansätzen und Strategien in den Desinformationsaktivitäten und den damit verbundenen Produkten, um eine umfassende Analyse und Aufdeckung von Desinformationskampagnen zu ermöglichen. Im Mittelpunkt der Website steht somit auf die Aufdeckung des manipulativen Charakters der dort aufgeführten Desinformation und die Bewusstmachung der damit verbundenen Bedrohung, wodurch ein Beitrag zur Stärkung der Resilienz in der Gesellschaft und den Medien geleistet wird.

Dieser Ansatz ist besonders wichtig im Hinblick auf die Bewältigung der COVID-19-Krise, bei der bislang Hunderte von Desinformationsfällen erkannt und offengelegt wurden. Dies bestätigt den absichtlichen und koordinierten Charakter der damit verbundenen Einflussmaßnahmen.


[1] https://eeas.europa.eu/headquarters/headquarters-homepage/54866/action-plan-against-disinformation_de

[2] Siehe z. B. die Schlussfolgerungen des Rates (Allgemeine Angelegenheiten) von Dezember 2019.

[3] Gemeinsame Mitteilung der Europäischen Kommission und des Hohen Vertreters/Vizepräsidenten von Juni 2020 zur Bekämpfung von Desinformation im Zusammenhang mit COVID-19 (https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/communication-tackling-covid-19-disinformation-getting-facts-right_de.pdf)

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