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Fracking: Schleswig-Holstein von Bohrungen durchlöchert

Anfragen Landtag Wirtschaft und Verkehr

Die Landesregierung hat auf unsere Anfrage mitgeteilt, dass Schleswig-Holstein bereits mit über 1.000 Bohrungen auf Erdöl und Erdgas durchlöchert ist. Die Standorte der Bohrungen finden sich hier.
Das Problem: Eine unabhängige Kontrolle der Dichtigkeit von Altbohrungen, in denen oftmals giftige Flüssigkeiten versenkt sind, findet offenbar nicht statt – das halte ich für grob fahrlässig. Umgekehrt droht die Beschädigung von Altbohrungen, wenn jetzt neue Bohrungen zugelassen werden sollten, und dadurch eine Vergiftung von Wasser und Boden. Es gibt bisher keinerlei vorgeschriebene Mindestabstände zu Altbohrungen. Diese Gefahren unterstreichen die Dringlichkeit des Gesetzentwurfs der PIRATEN, Fracking und Grundwasserbohrungen zu verbieten, wenn eine Verunreinigung von Gewässern nicht auszuschließen ist, und die Entscheidung darüber in die Hand des Landrats vor Ort zu legen. Ich fordere Umweltminister Habeck auf, seine landesrechtlichen Möglichkeiten zum Vorgehen gegen Fracking endlich zu nutzen und unser Anliegen zu unterstützen!
Zum Hintergrund Anmerkungen des Bundesverbands Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) zu Altbohrungen:

Erfahrung aus Kanada
In manchen Ölfeldern Kanadas wird bereits jedes dritte Bohrloch von Nachbarvorhaben „angefrackt“, sodass Flüssigkeiten eindringen und die Anlagen beschädigen. Zunächst nahm man die benachbarten Bohrungen außer Betrieb, musste jedoch feststellen, dass dann die Rohre häufig untertage barsten. Inzwischen lässt man die Nachbarbohrungen gezielt offen und installiert Überlauf-Tanks um die hinausdrängenden Flüssigkeiten aufzufangen. Dieses funktioniert jedoch nur bei noch aktiven Bohrungen. Verfüllte oder inaktive Bohrungen unterliegen dem Berst-Risiko des durch Nachbar-Fracs beaufschlagten Steigrohrs. Ebenso trat gehäuft ein Versagen der Ringraum-Abdichtungen auf, sodass sich Flüssigkeiten auf der Außenseite der Bohrlochauskleidung nach oben drückten. Dieses bleibt wie auch berstende Alt-Verrohrungen häufig von der Oberfläche aus betrachtet unbemerkt.
Datenlage
Eine Untersuchung der Universität Durham versuchte Daten über Altbohrungen in Erfahrung zu bringen. Das ernüchternde Fazit konstatierte, dass in Europa kaum diesbezügliche Daten zugänglich sind. Auch das zweite UBA-Gutachten führt aus, dass von 10% der niedersächsischen Bohrungen keine Angaben zum Verfüllungsstatus bekannt sind.
Eigene Recherchen mit Hilfe der niedersächsischen Bohrdatenbank weisen sogar für 5000 der 21.000 hinterlegten Bohrungen keine Angaben zum Verfüllstatus aus.
Zustand der Altbohrungen
Bei den verfüllten Bohrungen stellt sich darüber hinaus die Frage, wie dicht sie heute noch sind. Dieser Aspekt ist jedoch mangels Zugänglichkeit nicht mehr zu kontrollieren. Für mindestens zwei Gebiete weist das niedersächsische Bergamt den Vermerk „vagabundierende Gase“ (Erdgasfeld Voigtei) bzw. „Gasentweichungsfläche“ (Speicher Engelbostel) in der Darstellung der Bergbaubeeinflussungsbereiche aus.
Unrealistische Annahme von Idealfällen
Die in der Fracking-Diskussion behandelten Szenarien gehen zumeist von idealen Rahmenbedingungen aus. Tatsächlich jedoch sind Fehlschläge beim Bohren an der Tagesordnung, welche bei festsitzendem Meißel/Gestänge auch häufig zur Aufgabe des Bohrlochs führen bzw. eine neue Ablenkung oberhalb der Blockade erfordern. Hierbei bleiben die aufgegebenen Abschnitte von etlichen hundert Metern unverfüllt und unzementiert zurück, ein ordnungsgemäßes Verfüllen scheitert an der Blockade. Diese Umstände werden in der Diskussion weitestgehend vernachlässigt. Dabei zeigt die Praxis, dass in Niedersachsen auch bei solcher Überbrückung von 1000m Deckgebirge großzügig ein Fracken der abgelenkten Strecken genehmigt wurde. Siehe Bohrlochbild Völkersen Z7.
Zementierung
Der DGMK-Forschungsbericht 652 untersucht die Alterungsbeständigkeit von Bohrlochzementen. Unter nachgestellten Lagerstättenbedingungen zeigen die für Tiefen bis 3000 m verwendeten Standardrezepturen erhebliche Zersetzungserscheinungen bereits nach wenigen Wochen. Während man neue Bohrungen zwar mit Spezialzementen erstellen kann, bleiben die Bestandsbohrungen mit ihrer fraglichen Zementierung ein Risiko, das praktisch nicht mehr zu beseitigen ist.
Ferner zeigt ein weiterer DGMK-Forschungsbericht 698 auf, dass eine Verdrängung der Bohrspülung durch den Zement nur unzureichend erfolgt und sich zumeist Durchmischungen mit Spülungsresten ergeben sowie Lagen von Spülungsreste an den Wandungen von Casing-Rohr und Gebirge verbleiben. Diese Schwächen in der Zementierung bilden potentielle
Ausbreitungspfade für aufsteigende Gase, verdrängtes Lagerstättenwasser und/oder Fracfluide.
Wie wenig zuverlässig sich Schäden an Bohrungen tatsächlich feststellen lassen, zeigt der Ölaustritt aus dem Kavernenspeicher bei Gronau. Eine auf den registrierten Druckabfall veranlasste Untersuchung blieb ohne Erkenntnis, bis Wochen später das Öl auf einer Wiese aus dem Boden quoll…

Kommentare

1 Kommentar
  • Maria

    Na, das ist doch toll.
    Auf der anderen Seite wurden auch in S-H die meisten Dörfer kanalisiert, d.h. die häuslichen Abwasser wurden zum Schutz der Umwelt in große Klärwerke geleitet. Das hat die Bürger viel Geld gekostet, das sie auch in private Hauskläranlagen hätten investieren können.

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