Grundsatzprozesse vor EU-Gerichtshof für öffentliche Debatte und Beteiligung öffnen!
Die Europaabgeordneten Dr. René Repasi (SPD) und Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei) haben gestern Änderungsanträge zur Reform der Satzung des Europäischen Gerichtshofs eingereicht, die darauf abzielen, Verfahren vor dem höchsten EU-Gericht für mehr öffentliche Debatte und Beteiligung zu öffnen. Insbesondere sollen die Öffentlichkeit, die Zivilgesellschaft und die Medien ein Recht auf Zugang zu Dokumenten, Standpunkten und Argumenten erhalten, die in Gerichtsverfahren ausgetauscht werden, vorbehaltlich einiger Ausnahmen. Nichtregierungsorganisationen sollen außerdem die Möglichkeit erhalten, in Vorabentscheiungsverfahren “amicus curiae”-Stellungnahmen beim Gerichtshof einzureichen.
Breyer erklärt: “Vor Grundsatzurteilen mit weitreichenden Folgen hat die Öffentlichkeit ein Recht darauf, die Forderungen unserer Regierungen und Institutionen zu kennen und zu diskutieren. In einer Demokratie, in der Pressefreiheit herrscht, müssen die Mächtigen zur Rechenschaft gezogen werden können. In Zeiten, in denen die EU und der Gerichtshof in einer Vertrauenskrise stecken, schafft Transparenz Vertrauen. Ebenso sollte die Zivilgesellschaft im öffentlichen Interesse ein Mitspracherecht haben, bevor bahnbrechende Grundsatzurteile gefällt werden.“
Hintergrund:
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gewährt der Öffentlichkeit seit jeher Zugang zu eingereichten Dokumenten. Was den EU-Gerichtshof anbelangt, so kann man bisher nur indirekt Einblick nehmen, indem man die EU-Kommission um Zugang zu Schriftsatzkopien in ihrem Besitz bittet, wobei die Kommission dies sehr restriktiv handhabt.
Die EU ist derzeit dabei, die Satzung des EU-Gerichtshofs zu überarbeiten. Der überlastete EU-Gerichtshof schlägt vor, Vorabentscheidungsersuchen zu bestimmten Materien an das Gericht erster Instanz zu delegieren.
Der Europäische Gerichtshof entscheidet über die Auslegung und Gültigkeit des europäischen Rechts, einschließlich seiner Vereinbarkeit mit den Grundrechten. Wegweisende Gerichtsurteile betrafen beispielsweise die Vorratsdatenspeicherung, Uploadfilter, das Recht auf Vergessenwerden oder den Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (“Euro-Rettungsschirm”).
Angesichts der zunehmenden Nichtanwendung von EuGH-Urteilen durch einige nationale Gerichte aus “Ultra-vires”-Gründen schlägt Breyer außerdem vor, die Möglichkeit eines Dialogs zwischen dem EU-Gerichtshof und den nationalen Gerichten in solchen Fällen einzuführen.