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Umweltminister Habeck bezweifelt Bohrverbot im Nationalpark Wattenmeer

Anfragen Landtag

frackingNach Mitteilung des schleswig-holsteinischen Umweltministers wird die Frage, ob sich das Verbot von Ölbohrungen im Nationalpark Wattenmeer auch auf die von der DEA geplanten neuen Explorationsbohrungen erstreckt, Jahre nach Eingang des Antrags der Dea erneut “geprüft”. Dabei ist der Wissenschaftliche Dienst des Landtags schon vor Jahren zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen.
Hintergrund: Die DEA plant zur Erkundung neuer Ölvorkommen 3 Explorationsbohrungen im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer sowie eine weitere Explorationsbohrung im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Das Unternehmen hat am 7.11.2011 beim LBEG einen Antrag eingereicht. Im Dezember 2014 reichte die Dea überarbeitete Antragsunterlagen ein. Zeitschiene
Im Nationalparkgesetz heißt es: “In der Schutzzone 2 sind über die Maßnahmen und Nutzungen nach den Absätzen 1 und 2 hinaus zulässig … 6. die Erdölbohrung und -förderung ausschließlich von der genehmigten Bohr- und Förderinsel Mittelplate A”.
Nach einem ausführlichen Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtags erstreckt sich diese Vorschrift nicht nur auf die Gewinnungs-, sondern auch auf die Aufsuchungstätigkeit von Öl – also auch auf Explorationsbohrungen (siehe auch das Nachfolgegutachten im Auftrag der Grünen). Der Antrag der Dea ist danach von vornherein abzulehnen.
Dass der grüne Umweltminister diese entscheidende Frage auch Jahre nach Antragseingang noch “prüfen” lässt, ist ein außerordentliches politisches Versagen. Noch unglaublicher ist, dass er eine gesetzliche Klarstellung ausschließt, obwohl das Ergebnis seiner Prüfung noch nicht feststeht – also selbst für den Fall, dass er das Verbot nicht für einschlägig hält.
Der politische Hintergrund ist durchsichtig: Da der Minister nach der Landtagswahl 2017 im Norden das Handtuch werfen will, will er die Entscheidung mithilfe von Prüfungen bis nach der Wahl hinauszögern. Für einen grünen Minister ist es eine Bankrotterklärung, die Entscheidung an einen Nachfolger mit unklarem Parteibuch abtreten zu wollen, statt jetzt Amt und Mehrheit zu nutzen, um das hochriskante Dea-Vorhaben zu stoppen. Bei Herrn Habeck verwundert dies allerdings nicht, da er schon länger “vergleichsweise umweltverträgliche Formen der Erdölförderung” auch an Land verteidigt. Dabei hat es bei der Erdölförderung alleine in Schleswig-Holstein schon 100 Unfälle gegeben. Das Vorhaben ist unverantwortlich und muss gestoppt werden.
Anhang: Anfrage und Antworten im Wortlaut

SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/4517 18. Wahlperiode 2016-08-10
Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume
Geplante Ölbohrungen im Wattenmeer
1. Teilt die Landesregierung die Auffassung des Wissenschaftlichen Dienstes, wonach § 6 Abs. 3 Nr. 6 NPG sich nicht nur auf die Gewinnungs-, sondern auch auf die Aufsuchungstätigkeit von Öl erstrecke (Umdruck 16/3281)? Bitte begründen.
Die Landesregierung unterzieht dies derzeit einer intensiven rechtlichen und fachlichen Prüfung.
2. Teilt die Landesregierung die Auffassung des Wissenschaftlichen Dienstes, wonach Bohraktivitäten auch nicht durch einen Rückgriff auf die Generalermächtigung in § 6 Abs. 4, Abs. 6 NPG genehmigungsfähig seien?
Soweit es sich um Erdölbohrungen handelt, wird die Auffassung geteilt, dass die Regelung im Nationalparkgesetz in § 6 Abs. 3 Nr. 6 abschließend ist.
3. Teilt die Landesregierung die Auffassung des Wissenschaftlichen Dienstes, wonach bei beantragten Bohrungen vom Festland aus, die in das Gebiet des Nationalparks hineinführen, vor Zulassung eines Betriebsplans durch das Landesbergamt eine positive Entscheidung der für den Nationalpark zuständigen Behörde nach § 6 Abs. 4 NPG vorliegen müsse?
Eine Entscheidung nach § 6 Abs.4 NPG durch die für den Nationalpark zuständige Behörde ist dann nicht erforderlich, wenn eine Beeinflussung des Nationalparks durch die vorgesehenen Aktivitäten bei einer Bohrung im tiefen Untergrund vom Festland aus sicher ausgeschlossen werden kann.
4. Beabsichtigt die Landesregierung gegebenenfalls eine Gesetzesinitiative zur Klarstellung der genannten Vorschriften des Nationalparkgesetzes?
Eine Novellierung des Nationalparkgesetzes ist in dieser Hinsicht nicht notwendig.
5. Sind mit Probebohrungen nach Einschätzung der Landesregierung nachhaltige Störungen des Schutzgebiets verbunden?
Die Landesregierung geht davon aus, dass bei Probebohrungen erhebliche nachteilige Auswirkungen bzw. erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebietes und seiner Bestandteile nicht sicher auszuschließen sind. Die Landesregierung sieht daher in Übereinstimmung mit der Vorhabenträgerin, der Deutschen Erdoel AG (DEA), die Notwendigkeit der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (siehe Antwort auf Frage 7).
6. Welche Belange zugunsten von Probebohrungen könnten dem Schutzzweck des NPG gleich- oder höherwertig sein?
Siehe Antwort zu Frage 1.
7. Ist vor der Entscheidung über weitere Bohrungen im Nationalpark eine Umweltverträglichkeitsprüfung beabsichtigt? Wann?
Für die derzeitig geplanten drei Explorationsbohrungen im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer sind von der Vorhabenträgerin Unterlagen für die Vorprüfung der Umweltverträglichkeit des Einzelfalls vorgelegt worden. Diese Unterlagen kommen zu der Einschätzung, dass für jede der drei Bohrungen eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) als zuständige Behörde hat in Abstimmung mit der Nationalparkverwaltung und dem Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume im Zuge der nach UVPG vorgesehenen Einzelfallprüfung diese Einschätzung bestätigt.

Quelle: Drucksache 18/4517

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