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Landtag schiebt Pirateninitiative für bezahlbaren Dauerwohnraum auf die lange Bank

Gesetzentwürfe Landtag Wirtschaft und Verkehr

Im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags haben SPD, Grüne und SSW es gestern abgelehnt, sich mit dem Gesetzentwurf der Piraten gegen die Zweckentfremdung von Dauerwohnraum zu befassen. Erst wenn die Landesregierung 2015 einen eigenen Gesetzentwurf dazu vorlegt, soll soll auch die Pirateninitiative weiter behandelt werden.
Ebenso abgelehnt wurde der Antrag der PIRATEN, der Ausschuss möge sich vor Ort auf Sylt von der Dringlichkeit der Wohnraumsituation dort überzeugen.
Ich bedauere diese Verweigerungshaltung der Koalition sehr. Die Wohnungslage gerade auf Sylt ist dramatisch. Hier gibt es praktisch keinen bezahlbaren Wohnraum mehr. Die Folge der Wohnungsnot ist, dass es auf Sylt immer weniger Menschen gibt, die noch auf der Insel wohnen, dass es vor allem immer weniger junge Menschen und Familien gibt. Schulen müssen schließen, es gibt weniger Kitas, die Anzahl der Sportvereine nimmt ab, und auch die Feuerwehr hat Schwierigkeiten, überhaupt noch genügend Nachwuchs zu finden. Schrittweise droht so ein Sterben dieser Insel.
Unser Gesetzentwurf könnte Abhilfe schaffen. Er würde es Städten und Gemeinden mit Wohnraummangel ermöglichen, gegen die Zweckentfremdung von Dauerwohnraum zur ersatzweisen Ferienvermietung, gegen Wohnungsleerstand und Wohnungsabriss vorzugehen. Gerade die Zweckentfremdung ist auf Sylt ein massives Problem. Laut ifs-Institut fehlen schon heute 1.700 bezahlbare Wohnungen auf der Insel. Bis zum Jahr 2025 sollen es 2.800 sein. Schon 36 % des Wohnungsbestands wird touristisch vermietet, weitere 25 % als Zweitwohnungen genutzt. Das heißt, dass nur noch der kleinere Teil der Wohnungen als Dauerwohnraum zur Verfügung gestellt wird. Der Masterplan der Landesregierung wird vielleicht 400 neue Wohnungen schaffen, aber nicht annähernd die Lücke von 2.800 fehlenden Wohnungen schließen können.
Vor diesem Hintergrund ist es höchst schädlich, dass SPD, Grüne und SSW der fortschreitenden Zweckentfremdung weiter zusehen wollen. Wir PIRATEN werden trotz dieses Rückschlags nicht locker lassen. Immerhin konnten wir das Innenministerium dazu bringen, überhaupt an einem entsprechenden Gesetzentwurf zu arbeiten. Das muss jetzt schleunigst geschehen.
Weitere Informationen finden Sie hier:
Der nicht behandelte Gesetzentwurf im Volltext
Rede zur Vorstellung des Gesetzentwurfs
Pressemitteilung zum Gesetzentwurf
Hintergrund:
Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir Gemeinden mit Mangel an bezahlbarem Wohnraum (z.B. den Insel- und Bädergemeinden, dem Hamburger Umland, Kiel, Lübeck) die Möglichkeit geben, gegen Wohnungsleerstände von über vier Monaten, gegen den Abriss von Wohnraum und gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum für gewerbliche Zwecke (z.B. zur Ferienvermietung) vorzugehen. So kann die angespannte Wohnraumsituation spürbar entspannt werden.
Die lukrativere gewerbliche Vermietung in den genannten Regionen zieht einen zunehmenden Schwund an bezahlbarem Wohnraum nach sich. Folge sind überdurchschnittlich stark steigende Mieten in diesen Regionen, besonders bei kleineren Wohnungen, auf die gerade Menschen mit geringem Einkommen (z.B. Studenten, Rentner) angewiesen sind. Gleichzeitig steht Wohnraum aus Spekulationsgründen oder wegen Erbstreitigkeiten leer. Die Zahl der Sozialwohnungen ist landesweit dramatisch zurückgegangen (von 220.000 auf aktuell 65.000). Im Extremfall Sylt führt der Mangel an Dauerwohnraum sogar zu einem schleichenden Aussterben der einheimischen Insulaner, damit einhergehend zu einem Wegbrechen der Daseinsvorsorge (z.B. Schließung von Schulen und Kitas) und zu einer Verödung von Inselgemeinden außerhalb der Saison. Arbeitgeber finden immer weniger Arbeitskräfte, die sich das Leben auf der Insel noch leisten können.
Gegenüber dem Landtag haben die Studierendenvertreter der Unis in Lübeck und Kiel ihre Unterstützung der PIRATEN-Initiative erklärt, weil gerade für Studienanfänger und internationale Studierende die Wohnungssuche “äußerst schwierig” sei. Der Mieterbund hat mitgeteilt, er habe Breitner schon im Frühjahr 2013 zum Handeln in diesem Sinne aufgefordert.
In vielen anderen Bundesländern sind Gesetze zur Sicherung von Dauerwohnraum in Mangelgebieten längst in Kraft (z.B. Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen). Der Bundesrat hat schon 1971 eine entsprechende Ermächtigung wie folgt begründet:

Bei einer bestehenden Mangellage auf dem Wohnungsmarkt erscheint es grundsätzlich unerwünscht, daß Wohnraum frei und uneingeschränkt dem Wohnzweck entzogen werden kann. Zur Sicherstellung einer ausreichenden Wohnungsversorgung der Bevölkerung bedarf es in diesem Fall neben der Förderung des Neubaus von Wohnraum auch eines geeigneten Instruments, durch das die Verringerung des vorhandenen Bestandes an Wohnraum und damit eine Vergrößerung der Wohnungsnotlage verhindert werden kann.

Auch in Schleswig-Holstein kann die Neubautätigkeit den Schwund an vorhandenem bezahlbaren Wohnraum in den genannten Mangelregionen nicht annähernd auffangen.
Gleichwohl ist der ehemalige SPD-Innenminister Andreas Breitner über eine Ankündigung bisher nicht hinaus gekommen. Mit unserem Gesetzentwurf machen wir Druck auf die Koalition, endlich zu handeln, denn gerade in der Saison und zu Semesterbeginn macht sich die Wohnraummangellage am schmerzlichsten bemerkt.

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