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NDR-Dokumentation über dubiose Verkäufe öffentlicher Küsten- und Ufergrundstücke und Hotelsubventionen in Millionenhöhe

Anfragen Landtag Wirtschaft und Verkehr

Der am Dienstag gezeigte NDR-Dokumentarfilm “Die Ostsee: Verkauftes Paradies?” hat es in sich. Gleich zwei zweifelhafte Praktiken der schleswig-holsteinischen Landesregierung, die wir seit langem kritisieren, werden thematisiert:
45min-SchaubildDie Landesregierung veräußert ohne Ausschreibung und ohne Zustimmung des Landtags öffentliche Küsten- und Uferflächen, die letztendlich oft von gewerblichen Investoren aufgekauft werden, um auf ihnen Restaurants oder Luxus-Ferienimmobilien zu errichten. Im Fall der “Baltic Bay Laboe” wurden die von einem Gutachter auf 1,3 Mio. Euro geschätzten Grundstücke von einem zweiten Gutachter lediglich auf 695.000 Euro geschätzt und zu diesem halbierten Preis veräußert. Die Landflächen, die der erste Gutachter auf einen Wert von 40 Euro/qm geschätzt hatte und die in der Umgebung für 60 Euro/qm gehandelt werden, veranschlagte der zweite Gutachter lediglich auf 8 Euro/qm. Einen nachvollziehbaren Grund dafür nennt Wirtschaftsminister Meyer (SPD) dem NDR nicht. Meine Vermutung, die ich auch in dem Film äußere: Um sich mit dem Käufer handelseinig zu werden, wurde der Preis gedrückt – zulasten der Allgemeinheit. Gutachter war übrigens das landeseigene Gebäude- und Liegenschaftsmanagement (GMSH).

Überflüssige Subventionen

45min-HotelsubventionenGeld verbrennt das hochverschuldete Land auch bei millionenschweren Unternehmenssubventionen wie etwa von Hotelbauten. Nach Aussage des Geschäftsführers des “Bayside” Hotels Töns Haltermann gegenüber dem NDR wäre das Hotel auch ohne die öffentlichen Fördermittel von 3 Mio. Euro gebaut worden, nur vielleicht etwas kleiner. Dieser Mitnahmeeffekt ist ein Grund dafür, dass wir Piraten Subventionen an Einzelunternehmen ablehnen.
In der NDR-Dokumentation wird der Wirtschaftsminister gefragt: “Es gibt viele Unternehmen, die auch ohne Förderung rentabel laufen. Wieso schaffen die das ohne Fördermittel von Ihnen?” Der Wirtschaftsminister antwortet darauf, die meisten Unternehmen seien nicht in der Lage, ohne Fördermittel rentabel zu wirtschaften – eine abenteuerliche Behauptung, die nicht zu halten ist.
Nach Aussage des Geschäftsführers des “Bayside” Hotels Töns Haltermann seien gute Kontakte nützlich, “wenn Dinge wegzubrechen drohen”. Nach der Vereinbarung im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und SSW, Subventionen an Einzelbetriebe einzustellen, sei es förderlich gewesen, “den einen oder anderen an der richtigen Stelle zu kennen”, um die einzelbetriebliche Subvention für das Projekt dennoch erhalten zu können. Zuständige Minister oder Staatssekretäre seien “tolle Partner” gewesen. Wie ist es dazu gekommen, dass die Vereinbarung im Koalitionsvertrag nie umgesetzt wurde, derzufolge “die einzelbetriebliche Investitionsförderung (Subventionierung von Unternehmen) … gestrichen” werden sollte?

Viele offene Fragen

Diese und viele weitere Fragen stellen sich mir nach Betrachten der Dokumentation. Ich habe deswegen zwei Anfragen an die Landesregierung entworfen, die hier gerne kommentiert und ergänzt werden können.
45min-InterviewGanze Dokumentation sehen (auch auf Youtube)
Abschnitt über den Verkauf öffentlicher Küsten- und Uferflächen sehen
Unser Antrag, den Verkauf einzigartiger Küsten- und Ufergrundstücke zu stoppen
Unser Antrag, Subventionen regelmäßig auszuwerten und zu überprüfen
Entwurf parlamentarischer Anfragen:

NDR-Dokumentation über die Veräußerung öffentlicher Küsten- und Uferflächen
Vorbemerkung: Am 14. Juli strahlte der NDR die Dokumentation “Die Ostsee: Verkauftes Paradies?” aus.
Wie ist es zu erklären, dass im Zuge der Veräußerung des Yachthafens in Laboe der Wert der Landflächen durch einen ersten Gutachter auf 40 Euro/qm geschätzt wurde, durch einen zweiten Gutachter dann jedoch auf 8 Euro/qm korrigiert wurde?
Hält die Landesregierung den Wertansatz von 8 Euro/qm gemessen an den erzielbaren Marktpreisen für realistisch, obwohl für Landflächen in nahe gelegenen Gewerbegebieten 60 Euro/qm gezahlt werden?
Welche Gespräche sind in der Zeit zwischen den beiden Gutachten in Sachen des beabsichtigten Grundstücksverkaufs zwischen wem geführt, welcher Schriftverkehr ist gewechselt worden? (bitte Kontakte aufschlüsseln nach Gesprächsbeteiligten bzw. Absender/Adressat und Thema, wobei Privatpersonen nicht namentlich aufgeführt werden müssen)
Ist es aus Sicht der Landesregierung fachlich korrekt, der Ermittlung von Grundstückswerten eine aktuelle oder beabsichtigte Nutzungsart zugrunde zu legen, obwohl das Grundstück oder Teile davon jederzeit auch zu anderen Zwecken genutzt oder veräußert werden kann?
Sieht die Landesregierung einen potenziellen Konflikt zwischen dem Interesse des Landes daran, sich mit einem konkreten Kaufinteressenten ohne Ausschreibung handelseinig zu werden, und dem gesetzlich verankerten Interesse des Steuerzahlers daran, dass öffentliches Grundvermögen ausschließlich zum gutachterlich geschätzten objektiven Wert veräußert wird?
Will die Landesregierung an der Praxis festhalten, Grundstücke ohne Ausschreibung zu einem von der landeseigenen GMSH geschätzten Wert zu veräußern? Soll dies im Fall ehemaliger Seewasserstraßenflächen auch weiterhin ohne Zustimmung des Finanzausschusses erfolgen?
NDR-Dokumentation über die Subventionierung von Hotelbauprojekten
Vorbemerkung: Am 14. Juli strahlte der NDR die Dokumentation “Die Ostsee: Verkauftes Paradies?” aus.
Nach Aussage des Geschäftsführers des “Bayside” Hotels Töns Haltermann wäre das Hotel ohne die öffentlichen Fördermittel von 3 Mio. Euro ebenfalls gebaut worden, aber vielleicht etwas kleiner. War bei der Entscheidung über die Förderung bekannt, dass die Investition auch ohne Förderung in leicht veränderter Form getätigt worden wäre? Wenn nein, wäre das Vorhaben unter dieser Voraussetzung förderfähig gewesen?
Welche Angaben zu dem Nutzen der Förderung dieses Projekts sind gegenüber der EU oder der Öffentlichkeit gemacht worden, etwa zu geschaffenen Arbeitsplätzen?
Wurde der Nutzen der Förderung anhand des Gesamtprojekts bemessen oder lediglich anhand desjenigen Mehrwerts, der nur durch die Förderung geschaffen werden konnte?
Hält es die Landesregierung für richtig, ohnehin beabsichtigte Bauprojekte zu subventionieren, damit diese in größerem Umfang realisiert werden können?
Müssen sich Antragsteller, die Subventionen begehren, dazu erklären, ob ihr Projekt auch ohne Fördermittel realisiert werden kann oder ob die Subventionen “mitgenommen” werden sollen?
In der NDR-Dokumentation wird der Wirtschaftsminister gefragt: “Es gibt viele Unternehmen, die auch ohne Förderung rentabel laufen. Wieso schaffen die das ohne Fördermittel von Ihnen?” Der Wirtschaftsminister antwortet: “Die meisten Unternehmen schaffen das nicht…”
a) Wie viele Unternehmen gibt es im Land und wie viele Unternehmen beziehen Fördermittel vom Land?
b) Worauf stützt der Wirtschaftsminister seine Behauptung, die meisten Unternehmen seien nicht in der Lage, ohne Fördermittel rentabel zu wirtschaften?
Nach Aussage des Geschäftsführers des “Bayside” Hotels Töns Haltermann seien gute Kontakte nützlich, “wenn Dinge wegzubrechen drohen”. Nach der Vereinbarung im Koalitionsvertrag, Subventionen an Einzelbetriebe einzustellen, sei es förderlich gewesen, “den einen oder anderen an der richtigen Stelle zu kennen”, um die einzelbetriebliche Subvention für das Projekt dennoch erhalten zu können. Zuständige Minister oder Staatssekretäre seien “tolle Partner” gewesen. Wie ist es dazu gekommen, dass die Vereinbarung im Koalitionsvertrag nicht umgesetzt wurde, derzufolge “die einzelbetriebliche Investitionsförderung (Subventionierung von Unternehmen) … gestrichen” werden sollte (Zeilen 401 ff. und 478 des Koalitionsvertrags)?

Kommentare

3 Kommentare
  • carlos göttsch

    Sehr geehrter Herr Breyer,
    es ist peinlich und unverschämt, dass Sie hier falsch Behauptungen Dritter ungeprüft weiterverbreiten. Im Falle der Baltic Bay wurden keine Landflächen an den Investor veräußert sondern nur Wasserflächen. Das Land, auf dass Sie sich beziehen, wurde im Jahre 2003 / 2004 in aufwendeiger Arbeit von der Baltic Bay selbst hergestellt und erschlossen. Aus diesem Grund musste das erste Gutachten korrigiert werden, da dieses seinerzeit irrtümlich auch von Landflächen und nicht von reinen Wasserflächen ausging. Ein Anruf beim Investor hätte ausgereicht um diese Tatsache aufzuklären.
    Ist das Ihre Art Politik über Simmungsmache zu betreiben?
    Hochachtungsvoll
    Carlos Göttsch

  • Anonym

    Schade, dass Herr Breyer sich dazu nicht äussert!

  • carlos Göttsch

    Hier kann man die Entstehung der Baltic Bay sehen. Große Teile des jetzigen Gebietes waren Wasserflächen….
    http://www.htg-online.de/fileadmin/user_upload/sportboothaefen/downloads/Sportboothafenforen/2._Forum_2005/2005_5_Prey_BalticBay.pdf

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