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NDR-Skandal: Untersuchungsbericht bestätigt Anschein politischer Rücksichtnahme

Europaparlament Freiheit, Demokratie und Transparenz Pressemitteilungen (SH)

Im NDR-Skandal um Vorwürfe eines „politischen Filters“ im Kieler Landesfunkhaus hat eine externe Untersuchung im Auftrag des Landesrundfunkrats zentrale Kritikpunkte bestätigt: Vier-Augen-Gespräche mit Personen aus dem landespolitischen Umfeld könnten „den Anschein politischer Rücksichtnahme erwecken“. Dass sich der als CDU-nah geltende Landesfunkhausdirektor Volker Thormählen mit seinem Schulfreund und damaligen Landespolizeidirektor Ralf Höhs über dessen Kritik an einem investigativen Beitrag zur „Rocker-Affäre“ ausgetauscht hatte, „könnte darüber hinaus den Anschein der Befangenheit erwecken.“ Thormählen hatte die falsche Darstellung der Polizeiführung ungefiltert an den Sendungsautoren Patrik Baab weitergegeben, der in der Folge abgemahnt und von der Berichterstattung zur „Rocker-Affäre“ um die Unterdrückung entlastender Hinweise beim Landeskriminalamt abgezogen wurde.

Der Europaabgeordnete und ehemalige Fraktionsvorsitzende im schleswig-holsteinischen Landtag Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei) erklärt:

„Der ungefilterte, vollständige Untersuchungsbericht gehört jetzt sofort ans Licht der Öffentlichkeit! Schon die wenigen bisher veröffentlichten Folien bestätigen den Anschein politischer Rücksichtnahme und begründen massiven Handlungsbedarf, um das öffentliche Vertrauen in die politische Unabhängigkeit des NDR wieder herzustellen:

Aus meiner Sicht braucht es unbedingt Regeln, wann Redakteure wegen Besorgnis der Befangenheit von Berichterstattung und auch Abnahmen ausgeschlossen sein sollten. Insbesondere ist es aus meiner Sicht unhaltbar, wenn (langjährige) Parteimitglieder wie angeblich Landesfunkhausdirektor Volker Thormählen die Berichterstattung über ‚ihre‘ Partei oder ‚ihre‘ Landesregierung steuern und verhindern können, dass bestimmte Sachverhalte überhaupt berichtet werden. Um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die politische Unabhängigkeit der Berichterstattung herzustellen, muss die Betreuung/Abnahme in solchen Fällen abgegeben werden.

Ich bin im Übrigen der Meinung, dass es zu journalistischen Grundregeln gehören sollte, eine Parteimitgliedschaft offenzulegen, wenn man Politikberichterstattung verantwortet.

Unbequeme Berichterstattung und das dazu auch intern nötige Rückgrat zur Abwehr von Einflussnahme kann schon strukturell nicht erwartet werden, wo befristete oder freie Redakteure über Politik berichten sollen und gleichzeitig um ihren Job fürchten müssen. Nach meiner Überzeugung muss die kritische Politikberichterstattung in die Hände unbefristet fester Mitarbeiter gelegt werden. Beim Rundfunk geht es um das ‚Sturmgeschütz der Demokratie‘ – gerade bei einer so schwachen Medienlandschaft wie in Schleswig-Holstein.“

Zur Begründung der Absage eines Interviews mit einem vom CDU-Ministerpräsidenten geschassten Innenminister Grote habe der ehemalige Fernsehchef Lorenzen laut Bericht „fachlich nicht fundiert argumentiert, was wiederum eine Unterstellung politischer Rücksichtnahme befördert hat.“ Lorenzen hatte dem Journalisten Carsten Janz zur Begründung geschrieben, mit der Interviewabsage habe er verhindern wollen, dass CDU-Ministerpräsident Günter mit der Darstellung seines ehemaligen Innenministers konfrontiert werde.

Bei dem stellvertretenden Politikchef Böhnke bestehe laut Bericht „kein hinreichendes Bewusstsein über einen möglichen negativen Anschein im Hinblick auf Beteiligungen an Wahlkämpfen mit politischem Bezug“. Insgesamt könne in sechs untersuchten Fällen der Anschein entstanden sein, „dass involvierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Führungskräfte des LFH SH Programmgrundsätze missachtet haben“.

Bezüglich der Vorwürfe von CDU-Seilschaften und einem Klima der Angst in Kiel ist nun eine Stellungnahme des Journalisten Patrik Baab gegenüber den Untersuchungsleitern bekannt geworden, in der schwere Vorwürfe erhoben werden: „Die NDR-Gremien präsentierten sich m.E. als Teil eines Schweigekartells, das die Transformation des NDR-Landesfunkhauses
Schleswig-Holstein in ein Propaganda-Instrument der CDU-geführten Landesregierung gedeckt hat und weiter deckt.“

Zum Fall Baab siehe bereits die Pressemitteilung vom 01.09.2022