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Piraten-Klage: Verbietet der Europäische Gerichtshof offenes passwortfreies WLAN?

Freiheit, Demokratie und Transparenz Piratenpartei

warum-kein-netzHeute verhandelte der Europäische Gerichtshof die Klage eines bayerischen Mitglieds der Piratenpartei gegen Sony Music (Az. C-484/14, McFadden vs. Sony Music). Die Internetgemeinschaft ist besorgt, dass der Gerichtshof zur Durchsetzung des Urheberrechts die Schließung offener WLAN-Hotspots in Europa verlangen könnte. Der Generalanwalt soll sein Gutachten am 16.03.2016 vorlegen.
Der Fall: Pirat Tobias McFadden bietet der Öffentlichkeit im bayerischen Gauting einen offenen WLAN-Internetzugang an. Jemand nutzte den Hotspot, um urheberrechtlich geschützte Musik zu tauschen. Sony Music verlangt von McFadden, er solle alle zumutbaren Mittel einsetzen, um dies in Zukunft zu verhindern, unter anderem

  • den WLAN-Hotspot mit einem Passwortschutz versehen und damit die Öffentlichkeit vom Internetzugang ausschließen
  • Ports sperren, die typischerweise für Filesharing genutzt werden
  • die Nutzung auf Vorrat speichern und rechtswidrig handelnde Benutzer sperren.

Die Piratenpartei will offene und anonyme WLAN-Hotspots erhalten, um den freien Austausch von Informationen und Wissen zu gewährleisten. Ebenso wie bei Briefkästen oder Telefonzellen überwiege der Nutzen freier Kommunikation die Missbrauchsrisiken. McFadden: “Der freie Informationsaustausch über das Internet darf in einer Demokratie nicht als ‚Gefahrenquelle‘ angesehen, sondern muss als Grundvoraussetzung einer Demokratie anerkannt werden. Für uns PIRATEN ist freier Internetzugang und der damit verbundene freie und unbeschränkte Zugang zu Information ein Menschenrecht.”
Ein Zusammenschluss verschiedener Verbände warnt den Europäischen Gerichtshof vor “schwerwiegenden Konsequenzen”, sollte er die Schließung offener WLAN-Hotspots verlangen. EFF, Mozilla, die Digitale Gesellschaft und andere weisen darauf hin, dass offene Netze Rettungsdienste unterstützen, im Katastrophenfall hilfreich sind sowie Innovation unterstützen. “Zwingen Sie uns nicht zur Schließung unserer Netze”, fordert die Bürgerrechtsorganisation EFF.
Wegen seiner Rechtslage und Urteilen zur “Störerhaftung” hinkt Deutschland bei der Verfügbarkeit mobilen Internets über WLAN weit hinter anderen Ländern her.
Liveblog des Klägers aus der heutigen EuGH-Verhandlung:

Aktuell unsere mündliche Stellungnahme. Wird länger als 15min. dauern, mussten bremsen, damit die Dolmetscher mitkommen 🙂 #WLAN #EuGH
Jetzt die Gegenseite. Frommer persönlich am Mikro. IMO sehr schnell; Dolmetscher schwitzen 🙂 #EuGH #WLAN
Komisch, der ist völlig anderer Meinung als wir.^^ #WLAN #EuGH
Gegenseite setzt Rechtsverletzer mit Onlineshopbetreibern gleich. Sehr gewagt, IMO. EuGH #WLAN
Gegenseite will das volle Programm mit Filtern, Sperren usw. auf Accessproviderseite #WLAN #EuGH
Gegenseite: Man könne sich auch einfach einen teuren Router mit automatischen Sperrlisten etc. kaufen. #WLAN #EuGH
Ach und Bittorrent gehört sowieso komplett gesperrt, weil 99% illegal. (Gegenseite) #WLAN #EuGH
Jetzt die Kommission. Bin gespannt. #EuGH #WLAN
Kommission schließt Schadensersatzansprüche oder Abmahnkosten gegen Accessprovider erstmal aus! #EuGH #WLAN
Kommission trägt sehr umfassend und übergreifend vor, zielt aber auf Verantwortlichkeit des jeweiligen nat. Gerichts. #EuGH #WLAN
Rückfrage Richter an Sony bzgl. “Sommer unseres Lebens”; wird für umfassende Antwort genutzt. #WLAN #EuGH
Rückfrage Gericht an Kommission bzgl. Novelle TMG; ob der Gesetzesentwurf schon geprüft wurde. #EuGH #WLAN
Kommission hat Referentenentwurf erhalten, auf technischer Ebene Anmerkungen gemacht, um späteren Verfahren nicht vorzugreifen #EuGH #WLAN
Frage an Kommission bzgl. IP-Adressspeicherung. Details schwierig wg. Sprachbarrieren; warte auf Antwort 🙂 #EuGH #WLAN
Kommission zieht sich auf Grundsatz Verhältnismäßigkeit zurück und überläßt Ausarbeitung nationalen Gerichten (?) #EuGH #WLAN
Kommission schließt aber generelle Überwachung von Inhalten und Nutzern aus.
Richter hinterfragen Kriterien f Accessprovider. Frommer antwortet natürlich restriktiv. #EuGH #WLAN
Unsere Antwort ist natürlich genau gegenteilig und argumentiert f. Privilegien f. Accessprovider unabhängig von dessen Größe #EuGH #WLAN
Kommission bejaht Möglichkeit, dass auch kleinste WLAN-Anbieter Accessprovider sein können #EuGH #WLAN
Kommission weist auf Verhältnismäßigkeit eventueller technischer Maßnahmen auch in Bezug auf Größe des Accessproviders hin! #EuGH #WLAN
Fragen bis jetzt fast nur an Gegenseite + Kommission. Ist das ein gutes oder schlechtes Zeichen? #WLAN #EuGH
Richter wollen seitens Kommission konkretere Ausführungen zu Überwachungsmaßnahmen in Abwägung zu deren Verbot in Richtlinie #EuGH #WLAN
Kommission sieht Überwachungsmöglichkeit nur in spezifischen Fällen; nicht allgemein. #EuGH #WLAN
Wir bauen drauf auf und gehen auf die generelle Überwachung als Widerspruch zu §15 ein. #EuGH #WLAN
Frommer sieht’s natürlich genau anders und sieht Speicherung v IP-Adr. nicht als allgemeine Überwachung. #EuGH #WLAN
Frommer malt Horrorszenario mit tausenden offenen WLANs an die Wand. Ich zeige ihm besser mal freifunkkarte.de #EuGH #WLAN
Sitzung geschlossen; Schlussanträge 16. März #EuGH #WLAN

Links zum Verfahren:

Nächste Woche findet im Bundestag eine Anhörung zu dem hochumstrittenen Vorhaben der Bundesregierung statt, eine Verschlüsselungs- und Warnpflicht für WLAN-Betreiber einzuführen.

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