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Sinkende Wahlbeteiligung: Bündnis für Partizipation schmieden!

Allgemein

Angesichts des Tiefstandes an Beteiligung an den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein (wie überhaupt an allen Wahlen und auch in vielen Parteien) wird weiter über die Ursachen diskutiert. Ich habe schon darüber geschrieben, was die Politik im Bereich Wahlrecht und Parteienfinanzierung verbessern könnte (auch die Einrichtung von Bürger-Panels, das Angebot von Beteiligungstools wie Liquid Feedback und die Einräumung weiterer Mitbestimmungsmöglichkeiten könnte mehr Partizipation schaffen). Es gibt aber auch andere Akteure, die uns Bürgern helfen könnten, eine Wahl zu treffen.
Welchen Unterschied macht es eigentlich, wer mich in welcher Stärke in der Gemeindevertretung oder im Kreistag vertritt? In den meisten Kommunen sollte es Themen geben, die uns bewegen und die uns wichtig sind, z.B. die Haltung zu Bauvorhaben und Windparks, zur Stadtgestaltung, die Einstellung zur öffentlichen Verschuldung der Kommune, die Pläne zu Kitas und Schulen. Meines Erachtens würde es helfen, die Bürger vertrauter damit zu machen, worum es bei der jeweiligen Wahl geht und wie sich ihre Wahl auswirken wird:

  1. Chancengleiche Berichterstattung: Die Medien sind im Wahlkampf sehr zurückhaltend mit ihrer Berichterstattung über Parteien, um unparteilich zu bleiben. Dadurch gehen aber wichtige Informationen für die Wähler verloren. Wenn jede Partei bei der Berichterstattung gleich behandelt wird, geht unter, welche Parteien vor Ort aktiver sind. Beispiel Glückstadt: Hier haben sich die Piraten sehr intensiv auf mehreren Veranstaltungen mit lokal wichtigen Themen auseinander gesetzt. Die Lokalzeitung wollte über die Parteiveranstaltungen als solche aber schon bald aus Gründen der Gleichbehandlung nicht mehr schreiben. Vielleicht wäre es besser, Unparteilichkeit als Gewährleistung von Chancengleichheit zu praktizieren: Jede Partei hat die gleiche Chance, dass über ihre Aktivitäten berichtet wird – wenn sie welche entfaltet.
  2. Vorstellung der politischen Programme in den Medien: Dass die Medien das Kandidatenfeld vorstellen, dürfte wegen ihrer Reichweite und Glaubwürdigkeit von erheblicher Bedeutung für die Wahlbeteiligung sein. Wer keine relevanten Unterschiede zwischen den einzelnen Wahlmöglichkeiten kennt, hat auch keinen Grund, eine Wahl zu treffen. Die Dithmarscher Landeszeitung als einzige Tageszeitung in Dithmarschen beispielsweise hat im Vorfeld der Kommunalwahl (mit Ausnahme der Stadt Heide) keine Vorstellung der verschiedenen Listen oder Kandidaten abgedruckt, die zu den Kommunalwahlen antraten. Auch der NDR und der Offene Kanal hat meines Wissens keine solche Informationsmöglichkeit angeboten. Es wäre wünschenswert, dass die Medien über die unterschiedlichen Programme berichten und ihre Berichte zum Nachlesen/Nachhören und Vergleichen frei zugänglich ins Netz stellen.
  3. Diskussionsrunden: Der direkte Vergleich der Kandidaten zueinander hilft oft dabei, eine Wahl zu treffen. Dazu bieten sich öffentliche Diskussionsrunden der Spitzenkandidaten an. Solche Runden können von Zeitungen oder Rundfunk ebenso organisiert werden wie von den Parteien selbst, zivilgesellschaftlichen Organisationen oder Schulen. Eine mediale Berichterstattung oder Übertragung einschließlich freier Nachlesbarkeit bzw. Nachhörbarkeit im Internet wäre wünschenswert.
  4. Wahlprüfsteine: Wahlprüfsteine ermöglichen es, den Bürgern einen Überblick über die Positionen aller Parteien zu wichtigen Fragen der Kommune zu geben. Man kann auch abfragen, wer in der Vergangenheit wie zu wichtigen Fragen abgestimmt hat. Organisieren könnten solche Wahlprüfsteine zivilgesellschaftliche Organisationen, die Parteien selbst, Schulen oder Medien. Verbreitet werden könnten die Ergebnisse über Zeitung, Radio und Internet.
  5. Wahl-Informationsportal: Hilfreich wäre sicherlich auch ein von neutraler Seite betriebenes zentrales Wahl-Informationsportal, das die beschriebenen Wahlinformationen der Parteien und Wählergemeinschaften, der Medien und anderer Akteure übersichtlich bündelt und verlinkt. Die Zentrale für politische Bildung könnte ein solches Portal einrichten und die Möglichkeit einräumen, daran mitzuarbeiten.

Ich schlage vor, dass sich Vertreter der Parteien/Wählergemeinschaften, von Presse und Rundfunk, von Volkshochschulen und Schulen, der Zentrale für politische Bildung und zivilgesellschaftliche Organisationen wie Mehr Demokratie an einen Tisch setzen und ein Bündnis für mehr politische Partizipation schmieden. Jeder Akteur kann etwas dazu beitragen, den Bürgern bei der Entscheidung über das Ob und das Wie ihrer Wahl (vielleicht auch über ein eigenes politisches Engagement) zu helfen. Daran sollten wir alle ein Interesse haben, denn es geht um die Zukunft unserer Demokratie.
Wir Piraten haben mit der Ursachenforschung schon einmal angefangen und bitten alle Nichtwähler, an unserer Umfrage über ihre Gründe teilzunehmen.

Kommentare

4 Kommentare
  • Cord Böge

    Wie wäre es mit einem Online Fragenkatalog, in dem die Bürger Fragen stellen, die Kandidaten antworten.

  • Wolf

    Bis man nicht die Zahl der zu besetzenden Sitze in den Räten und Parlamenten an die Wahlbeteiligung koppelt, also bei 50% Wahlbeteiligung auch nur 50% der Plätze besetzen und honorieren, haben vor allem die früheren “Großparteien” keinen echten Grund sich zu engagieren.

  • Max Muxe

    Ohne Frage müssen wir uns Gedanken machen. Aber, ich denke nicht, dass die geringe Wahlbeteiligung in den Themen ihren Grund hat. Auch sehe ich die Medienberichte nicht als Ursache.
    Wir hatten in der Vergangenheit den besten Zulauf, als wir Aktionen direkt auf der Straße organisierten (Gema…).
    Wir, als Piraten, müssen wieder ein Lebensgefühl transortieren. Das kommt zu mindest bei den jungen Leuten an.

  • Thomas-nms

    Punkte 1 bis 4 wurden weitgehend in Neumünster realisiert, unter anderen auch durch die Berichterstattung vom Holsteinischer Courier und durch Verdi und den Kreissportverband.
    Unser Ergebnis von 2,1% ist die Folge das nicht alle Wahlkreise besetzt wurden.
    Zuerst sollten wir Piraten uns Fragen, was und wie können WIR Veränderungen herbeiführen, ohne gleich die Schuld bei den Medien zu suchen.

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