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Unautorisierte Sport-Livestreams: Parlament stimmt für radikale Maßnahmen und gegen digitale Grundrechte

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Das Plenum des Europaparlaments hat gestern mit großer Mehrheit ein verschärftes Vorgehen gegen unautorisierte Livestreams von Sportereignissen (z.B. Fußballspielen) gefordert (479+/171-/40 Enthaltungen).

Das Parlament fordert ein Gesetz, nach dem Anbieter ohne richterlichen Beschluss von Rechteinhabern monierte Streams sperren müssten, selbst wenn unklar ist, ob sie legal sind oder nicht. Der Text befürwortet außerdem verpflichtende Netzsperren durch Internet-Zugangsanbieter, einschließlich “dynamischer” Sperrverfügungen. Diese würden es der Industrie erlauben, die Sperrliste ohne gerichtliche Überprüfung zu erweitern. Änderungsanträge von Schattenberichterstatter Patrick Breyer (Piratenpartei) für die Grüne/EFA-Fraktion wurden mit einer Ausnahme abgelehnt: Eine knappe Mehrheit erkennt an, dass zur Sperrung illegaler Inhalte nicht auch legale Inhalte auf demselben Server blockiert werden dürfen (352/324/19 Stimmen).

“Dieser Text ist eine Bedrohung für unsere digitalen Grundrechte und hätte genauso gut von Lobbyisten der Verwertungsindustrie diktiert worden sein können”, kommentiert Patrick Breyer.

“Die Giersport-Lobby hat sich durchgesetzt und eine Forderung nach radikalen Maßnahmen erwirkt, die unwirksam, aber schädlich für Fans und Nutzer:innen im Allgemeinen wären. Privaten Interessenorganisationen mit Eigeninteressen zu erlauben, Inhalte ohne richterliche Prüfung entfernen zu lassen, würde absehbar zu einer übermäßigen Sperrung auch von legalen Inhalten führen. Ich hoffe, dass diese drakonischen Forderungen niemals umgesetzt werden. Die Kommission sollte es besser wissen als ihren eigenen Vorschlag zum Digitale-Dienste-Gesetz zu konterkarieren. Ich werde mich bei den Verhandlungen zum Digitale-Dienste-Gesetz dafür einsetzen, dass ein ausgewogener Mechanismus für den Umgang mit illegalen Inhalten gefunden wird.“

Breyer weiter: „Netzsperren durch Internetdienstanbieter sind leicht zu umgehen, indem man den DNS-Server ändert. Alle Verbindungen zu einer kompletten IP-Adresse zu sperren führt zu massiven Kollateralschäden und zur Unterdrückung wertvoller legaler Inhalte. Alles in allem ignoriert das profitgetriebene Streben der Content-Lobby nach immer drakonischeren Eingriffen das Offensichtliche: Der beste Weg, illegales Streaming zu reduzieren, besteht darin, endlich einen universellen und erschwinglichen legalen Zugang zu Übertragungen von Sportereignissen anzubieten. Sowohl im Abonnement, als auch durch Pay-per-View.”

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied erst letztes Jahr, dass IP-Sperren illegal sind. Er argumentierte, dass die pauschale Sperrung des Zugangs zu einem ganzen Server eine extreme Maßnahme sei, vergleichbar mit dem Verbot einer Zeitung oder eines Fernsehsenders (FALL VLADIMIR KHARITONOV gg. RUSSLAND).

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