Versammlungsgesetz: “Wir demonstrieren wann, wo und wie wir wollen!”
Pressemitteilung der Piratenpartei Schleswig-Holstein:
Vor dem Kieler Landtag im Düsternbrooker Weg fand sich gestern Mittag eine entschlossene Gruppe von Demonstranten zu einer Protestkundgebung zusammen. Das Bündnis für Versammlungsfreiheit [1], dem die Piratenpartei Schleswig-Holstein angehört, hatte kurzfristig zu dieser Demonstration gegen das geplante Versammlungsgesetz aufgerufen. In verschiedenen Kritikpunkten [2] fand der Protest während der anschließenden Sachverständigenanhörung im Innenausschuss Unterstützung. [3]
So kritisierten Vertreter von Anwaltsvereinen, Bürgerrechtsorganisationen und Gewerkschaftsjugend einhellig, dass das Filmen friedlicher Kundgebungen durch die Polizei künftig allein schon wegen „Unübersichtlichkeit oder der Größe“ einer Demo erlaubt werden soll. Der Landesdatenschutzbeauftragte Dr. Thilo Weichert erklärte sogar, diese Regelung würde den umstrittenen Einsatz von Überwachungsdrohnen über Demonstrationen abdecken. Kritisiert wurde auch, dass bereits bei der Anmeldung einer Demonstration in Zukunft deren Ablauf nach Ort, Zeit und Thema sowie der Streckenverlauf verbindlich anzugeben sei.
„Dieser Gesetzentwurf sieht sogar vor, Abweichungen vom gemeldeten Ablaufplan mit einem Bußgeld zu ahnden. Und bei kleinsten Anhaltspunkten für nicht-gesetzeskonformes Verhalten soll die Durchsuchung von Personen zulässig werden. Nur weil ich einen Schal, eine Mütze oder eine Sonnenbrille trage? Diese Einschüchterungen können Menschen davon abhalten, ihr Demonstrationsrecht wahrzunehmen!“, fürchtet Sven Stückelschweiger, Vorsitzender der Piratenpartei Schleswig-Holstein, der an der gestrigen Demonstration teilnahm.
Der vorliegende Entwurf zum Versammlungsgesetz erlaube der Polizei darüber hinaus sogar schon vor Beginn einer Demonstration Menschen präventiv die Teilnahme untersagen zu können (so genannte „präventive Teilnahmeverbote“). Diese Pläne griffen viel zu tief in die im Grundgesetz verankerten Rechte der Bürger dieses Staates ein, kritisierte Sebastian Borkowski von der DGB-Jugend Nord vor dem Innenausschuss. Einig waren sich alle Sachverständigen – vom ehemaligen Verfassungsrichter Prof. Dr. Hoffmann-Riem bis zur Gewerkschaft der Polizei – dass Demos wegen der zunehmenden Privatisierung des öffentlichen Raums künftig auch vor Einkaufszentren und auf sonstigen öffentlich zugänglichen Privatgrundstücken zugelassen werden sollten.
Die Koalition prüft nun Änderungen an ihren Plänen. Wann sich der Landtag erneut mit dem Gesetzesvorhaben beschäftigen wird, steht noch nicht fest.
[1] Bündnis für Versammlungsfreiheit in Schleswig-Holstein
[2] Kritik der PIRATEN
[3] Stellungnahmen der Sachverständigen
Bilder von Freiheitsfoo unter creative commons CC-BY-SA.
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