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EU-Ratstreffen „Justiz und Inneres“ in Stockholm zu „Going dark“-Mythos: Sicherer Verschlüsselung darf nicht das Licht ausgeknipst werden!

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Heute treffen sich die Minister:innen für Justiz und Inneres der EU-Staaten zu einem informellen Treffen in Stockholm, um unter anderem über den Kampf gegen organisiertes Verbrechen im digitalen Zeitalter zu debattieren. Für den Nachmittag ist eine Debatte über den Zugriff auf elektronische Beweismittel („eEvidence“) angesetzt, bei der vor allem der Begriff „Going dark“ im Mittelpunkt steht. „Going dark“ beschreibt die angeblich abnehmenden Möglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden, auf den Inhalt der Online-Kommunikation zuzugreifen, was mit dem zunehmenden Einsatz von Verschlüsselung in alltäglichen Kommunikationstechnologien und -diensten begründet wird.

Der EU-Abgeordnete Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei) dazu:

„Die Mär vom ‚Going Dark‘ zeigt das Ziel der Überwachungsideologen, jegliche Privatsphäre und Intimität zerstören und in sämtliche Schutzräume eindringen zu wollen. In Wahrheit hatte der Staatsapparat noch nie zu weitreichenden und umfassenden Zugang zu unserem Privatleben wie heute im digitalen Zeitalter. So sicher und lange wie heute haben wir noch nie gelebt.

Mit ihren Plänen zum Brechen sicherer Verschlüsselung setzt die EU aus kurzfristigen Überwachungswünschen heraus sogar die allgemeine Sicherheit unserer privaten Kommunikation, der öffentlichen Netze, Geschäftsgeheimnisse und sogar Staatsgeheimnisse aufs Spiel.

Ausländischen Geheimdiensten und Hackern Tür und Tor zu öffnen, ist völlig unverantwortlich und gefährdet Whistleblower und  Menschen, die auf sichere Kommunikationswege angewiesen sind. Ein bisschen Hintertür gibt es nicht!

Betrachtet man die Ermittlungen der jüngsten Terrorvorfälle in Europa, so wird deutlich, dass klassische Methoden der Strafverfolgung wie Hausdurchsuchungen oder Personenobservationen oftmals zielführender sind, um Täter aufzuspüren und Daten zu sammeln. Allerdings sind diese Methoden zeitaufwendig und kostenintensiver als scheinbar einfache technische Lösungen. In vielen Fällen handelten die Täter komplett ohne Verschlüsselung und waren den Ermittlungsbehörden im Vorfeld längst bekannt. Die Verschlüsselung zu schwächen und damit uns alle unter Generalverdacht zu stellen, zerstört Sicherheit und Privatsphäre gleichermaßen!“

Anne Herpertz, Bundesvorsitzende der Piratenpartei Deutschland, kommentiert:

„Als Piraten fordern wir ein Grundrecht auf Verschlüsselung für alle. Ein aktives Aufbrechen von kryptografischen Verfahren durch Ausnutzen von Sicherheitslücken – wie beim EU-Ratstreffen diskutiert – steht dem aktiv entgegen. Staatliche Institutionen müssen in die Pflicht genommen werden, Sicherheitslücken zu schließen, statt sie zu schaffen.

Wer das Grundrecht auf Verschlüsselung angreift, stellt die allgemeine Bevölkerung unter Generalverdacht und ermöglicht, dass auch Dritte auf ihre Kommunikation zugreifen könnten. Dem eigentlichen Ziel, Kriminalität zu bekämpfen, kommen wir damit kein Stück näher. Wird Verschlüsselung kriminalisiert, verschlüsseln nur noch Kriminelle.“