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Transparenzklage gegen geheime EU-Überwachungsforschung: Richter hinterfragen Geheimhaltung

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Heute hat das Europäische Gericht in Luxemburg über eine Klage des Europaabgeordneten und Bürgerrechtler Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei) gegen die Geheimhaltung des EU-finanzierten iBorderCtrl-Forschungsprojekts verhandelt. Zum Einsatz bei der Einreise entwickelt wurde unter anderem ein auf „künstlicher Intelligenz“ beruhender „Video-Lügendetektor“, der angeblich anhand von Gesichtsausdrücken erkennen soll, ob Personen beim Beantworten von Fragen lügen.

Der Anwalt der Forschungsagentur räumte vor Gericht ein, der Fall werfe Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für die Forschungsförderung der EU auf. „Eine demokratische Kontrolle der Forschungsförderung ist nicht nötig“, erklärte der Jurist jedoch. Bei der Erforschung und Entwicklung gehe es noch nicht um den Einsatz der Technologie. Die EU-Forschungsförderung verfolge bewusst keinen Open Access-Ansatz, um Wettbewerbsvorteile der teilnehmenden Unternehmen zu schützen. Eine Offenlegung des iBorderCtrl-Projekts gefährde die Geschäftsinteressen und Reputation der beteiligten Unternehmen und Institutionen. Aus dem Zusammenhang gerissene Darstellungen in der Öffentlichkeit könnten die Verantwortlichen unter Druck setzen und die Fertigstellung sowie Vermarktung der Technologie gefährden.

Der Klägeranwalt hielt entgegen, dieses Forschungsprojekt stehe exemplarisch für eine ganze Reihe hochproblematischer EU-Forschungsprojekte zur Entwicklung fragwürdiger Überwachungs- und Kontrolltechnologie. Journalisten und Zivilgesellschaft scheiterten auch dort daran, nähere Informationen zu erhalten. Dieser Präzedenzfall werde entscheiden, ob sich im Bereich öffentlich finanzierter Forschung und Entwicklung private finanzielle Absatz- und Profitinteressen gegen das Transparenzinteresse der Öffentlichkeit, der Wissenschaft, der Medien, der demokratischen Institutionen durchsetzen könnten.

Die Richter befragten die Agentur über eine Stunde lang intensiv und kritisch, etwa darüber, ob die zurück gehaltenen ethischen und rechtlichen Bewertungen tatsächlich zu 100% vertrauliche interne Geschäftsgeheimnisse enthielten. Am Ende sagte der vorsitzende Richter, man habe die Unterlagen eingesehen. Es gehe darin bezüglich der „künstlichen Intelligenz“ auch um ethnische Merkmale von Personen. Das werfe natürlich Fragen und Diskussionen auf. Wäre es, so der vorsitzende Richter, nicht auch im Interesse der Exekutivagentur selbst zu zeigen, dass man nichts zu verbergen habe? Könnte eine Veröffentlichung nicht auch die öffentliche Diskussion versachlichen und beruhigen?

Einen Entscheidungstermin hat das Gericht noch nicht festgelegt.

„Weil die EU immer wieder gefährliche Überwachungs- und Kontrolltechnologie entwickeln lässt, künftig sogar Waffenforschung finanziert, hoffe ich auf ein Grundsatzurteil, das öffentliche Kontrolle und Debatte über eine öffentlich finanzierte Forschungsförderung im Dienste privater Profitinteressen ermöglicht“, so der Kläger und Europaabgeordnete Breyer. „Mit meiner Transparenzklage will ich ganz grundsätzlich klären lassen, dass der Steuerzahler, die Wissenschaft, Medien und Parlamente ein Recht auf Zugang zu öffentlicher Forschung haben – gerade bei pseudowissenschaftlichen und orwellschen Entwicklungen wie dem ‚Video-Lügendetektor‘.“

Mit dem vermeintlichen “Video-Lügendetektor” iBorderCtrl hat die EU den Einsatz von “Künstlicher Intelligenz” bei Einreise-Kontrollen erproben lassen. Am 15. März 2019 hat Breyer Klage auf Herausgabe unter Verschluss gehaltener Dokumente über die ethische Bewertung, die rechtliche Zulässigkeit, die Bewerbung und die Ergebnisse der Technologie eingereicht. Das Forschungsprojekt war im Rahmen des Horizon2020-Programms von der Kommission gefördert worden.

Im Vorfeld hat die EU-Kommission Breyers Abgeordnetenanfragen zu Falschbeschuldigungen und Diskriminierung durch die “Video-Lügendetektor-Technologie” unbeantwortet gelassen.

Plädoyer des Klägeranwalts im heutigen Gerichtstermin

Offizielle Zusammenfassung des Verfahrens (Sitzungsbericht)

Klageschrift im Wortlaut und weitere Informationen

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